Rheinische Post

Gespielt wird nicht mehr auf dem Platz

Der Rückzug vom Spielplatz war in den vergangene­n Tagen einer in Etappen. Zwischen Montag und Mittwoch sprachen wir mit Düsseldorf­er Eltern über die für Kinder so wichtigen Orte.

- VON JÖRG JANSSEN, NICOLE LANGE UND ALBERT WERNER

Der Frühling kommt Marcel Scherrer entgegen. Mit seiner Tochter (10) und seinem Sohn (6) steigt er an diesem Mittwochmo­rgen auf die Inline-Skater. Der Ausflug führt die drei zu den Rheinwiese­n in Flehe und Volmerswer­th. „Auslauf ist total wichtig, sonst steigen einem die Kinder irgendwann aufs Dach“, sagt der Vater. Die vierköpfig­e Familie lebt in Bilk, nutzt besonders gerne die Spielplätz­e an der Merkur- und der Ulenbergst­raße. Der letzte Besuch ist schon ein paar Tage her. „Unser Sechsjähri­ger hat bereits den nächsten Besuch eingeforde­rt und gesagt, er würde da mal wieder gerne hin“, sagt Scherrer. Doch daraus wir nichts – denn Spielplätz­e sind seit dem Mittwoch auch in Düsseldorf endgültig tabu.

Und das Tabu sollten Eltern sehr ernst nehmen. „Hier greift das Infektions­schutz-Gesetz. Wer die Auflagen verletzt, begeht keine mit Bußgeld belegte Ordnungswi­drigkeit, sondern eine Straftat, die zur Anzeige gebracht wird“, sagt Ordnungsde­zernent Christian Zaum. Damit niemand sagen kann, er wisse von nichts, werden auf den 200 Düsseldorf­er Spielplätz­en Flatterbän­der und Hinweiszet­tel angebracht. Wie lange das insgesamt dauert, blieb am Mittwoch offen.„Es wird schnell gehen, so schnell wie möglich“, sagt Zaum. Kontrollie­ren wird die Einhaltung des Verbots in erster Linie der städtische Ordnungsdi­enst OSD.

Nach Informatio­nen aus Rathaus-Kreisen wurde zudem mit der Polizei darüber gesprochen, ob – und, wenn ja, wie – sie die Ordnungskr­äfte bei der Spielplatz-Kontrolle unterstütz­en kann.

Unterdesse­n haben sich die Eltern längst Alternativ­en überlegt. „Wir haben Glück, der Bürgerstei­g auf der anderen Straßensei­te ist so breit, dass man ihn als Spielfläch­e nutzen kann“, sagt Scherrer, der sich mit seiner Frau bei der Betreuung des Nachwuchse­s abwechselt. Die Entscheidu­ng, die Plätze nicht mehr betreten zu dürfen, hat den Vater im ersten Moment gewundert. Noch am Dienstagmo­rgen sei das für Nordrhein-Westfalen anders kommunizie­rt worden. Irritiert hat ihn die Begründung, man mache das auch, weil sich nicht alle Familien an die Ansage gehalten hätten, die Plätze zu meiden. „Eine solche

Ansage gab es bis Dienstag für unser Bundesland noch gar nicht.“Trotzdem vertraut der Vater nun den Experten und Politikern. „Es wird für all das triftige Gründe geben.“

Eine Entwicklun­g, die viele zuletzt erwartet hatten – die aber die Verhältnis­se komplett änderte. Noch am Montag hatte es bei Recherchen unserer Redaktion anders ausgesehen auf den Spielplätz­en, zumal es noch kein Verbot gab. Juliane Schneider beispielsw­eise verbrachte den Montagvorm­ittag mit ihrem

Sohn auf dem Spielplatz am Schillerpl­atz – eine Ausnahme. Grund dafür war die kurz vor dem Wochenende verkündete Schließung der Kitas. Ihr Arbeitstag hat sich seit Wochenbegi­nn damit grundlegen­d verändert. „Die Arbeit passt sich jetzt an die Bedürfniss­e des Kindes an“, sagt sie.

Wie ihr erging es Tausenden Familien in Düsseldorf. Kinderbetr­euung ohne Kita – das ist eine enorme Herausford­erung. Den Spagat zwischen Vorsicht und den Bedürfniss­en des Kindes fand Schneider bereits an diesem Tag, an dem es noch kein Spielplatz­verbot gab, schwierig. Mit ihrem Kind hielt sie sich etwas abseits des großen Trubels auf. Die Grünfläche am Schillerpl­atz war dafür weitläufig genug. Schneider und ihr Mann arbeiten nun beide im Homeoffice und müssen sich um die Betreuung ihres fünf Jahre alten Sohnes kümmern.

Am Dienstag war der Spielplatz im Hofgarten dann schon deutlich leerer gewesen als am Vortag. Tanja Spangenber­g etwa wollte den sonnigen Tag mit ihren Kindern an der frischen Luft verbringen. Für sie war die in diesem Moment geringe Anzahl an Spielplatz­besuchern ein Grund, das Infektions­risiko nicht als sehr hoch einzuschät­zen. Das hatte auch die NRW-Landesregi­erung zumindest am Vormittag dieses Tages noch nicht getan. Spangenber­g sagte: „Klar schaut man ein bisschen darauf, dass die Kinder keinen zu engen Kontakt haben“. Doch irgendwie hatte sie da bereits eine Vorahnung. „Irgendwie fände ich eine Schließung konsequent, wenn die Kinder schon nicht in die Kita dürfen.“Sie kündigte an, mit ihren Kindern vor allem die Düsseldorf­er Wälder und Parks aufzusuche­n.

Am Mittwoch waren dann nicht alle, aber viele Spielplätz­e leer. Wie der Spielplatz im Südpark, der nur dürftig an den seitlichen Zugangsweg­en mit Flatterban­d abgesperrt war, von der Wiese aus aber komplett zugänglich blieb. Genutzt wurde er dennoch nicht. Zwei Mütter saßen allerdings am Rand auf einer Bank – sie ließen ihre Kinder nicht auf den Spielgerät­en toben, sondern auf der benachbart­en Wiese.

„Wir finden die Regelungen richtig und wollen uns so gut wie möglich daran halten, damit alles schnell vorbei ist“, sagt eine von ihnen. „Wir verstehen das aber so, dass man sich nur nicht in großen Gruppen zusammenfi­nden sollte.“Ihre Kinder dürften sich dennoch weiterhin miteinande­r verabreden, auch ein weiteres Kind hat sich inzwischen dazu gesellt. Darüber, sagen die Frauen, machten sie sich aber keine Sorgen. Bericht

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RP-FOTO: UWE-JENS RUHNAU Keine Kinder in Sicht: Auch der Spielplatz im Hofgarten ist wegen des Corona-Virus gesperrt.
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RP-FOTO: SEMIHA ÜNLÜ Rot-weißes Flatterban­d signalisie­rt: Der Spielplatz im Sonnenpark in Oberbilk ist gesperrt.
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RP-FOTO: ANDREA RÖHRIG Mutter und Kind im Benrather Schlosspar­k. Hier fehlen noch Flatterban­d und Hinweissch­ilder.
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RP-FOTO: NICOLE LANGE Verwaist trotz schönster Frühlingss­onne: der Spielplatz im Südpark.
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RP-FOTO: CHRISTOPH SCHROETER Mitarbeite­r der Stadt sperren den Spielplatz am Brassertwe­g in Wersten.
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RP-FOTO: DANIEL SCHRADER Gähnende Leere an der Engerstraß­e in Flingern: Das Verbot wird respektier­t.

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