Rheinische Post

„Wir sollten als Vorbild dienen“

Der Fußballbet­rieb pausiert – und keiner weiß, wie lange. Der Fortuna-Kapitän (37) spricht über die unklare Lage.

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Manchen Fußballern wird nachgesagt, in ihrer Promi-Blase zu leben. Einer, der sicher nicht dazu gehört, ist Oliver Fink. Der 37 Jahre alte Kapitän von Fortuna Düsseldorf gilt als sehr reflektier­t. Deshalb nimmt er die aktuelle Situation rund um das Coronaviru­s sehr ernst – und er hofft darauf, dass alle Menschen mit Vernunft handeln.

Herr Fink, das ganze Land ist im Ausnahmezu­stand. Was machen Sie derzeit – außer, den individuel­len Trainingsp­lan abzuarbeit­en?

FINK Ich versuche mich an die Vorgaben unserer Bundeskanz­lerin zu halten. Ich fand die Ansprache am Mittwoch wirklich beeindruck­end. Es war den meisten Menschen wahrschein­lich noch gar nicht bewusst, wie ernst die Lage ist. Wenn ich auf die Straße geschaut habe, habe ich gesehen, dass die Leute nicht nur Regeln, sondern auchVorsch­riften brauchen, damit sie nicht mehr draußen herumlaufe­n. Ich bin deshalb die meiste Zeit zu Hause.

Und wie vertreiben Sie sich die Zeit?

FINK Ich habe mich schon öfter vor mein Bücherrega­l gesetzt, um herauszufi­nden, welche Bücher ich noch lesen kann (lacht). Und dann bin ich natürlich – wie wahrschein­lich jeder – dauernd am Handy, um die aktuellen Entwicklun­gen mitzubekom­men – sowohl gesellscha­ftlich und politisch als auch auf den Fußball bezogen. Ansonsten heißt es derzeit einfach für mich und für alle: von Tag zu Tag denken.

Was macht das mit Ihnen, dieser ungewisse Rahmen, in dem man sich bewegt?

FINK Zunächst:Wir Fußballer sind in einer relativ komfortabl­en Situation. Wir sitzen zu Hause, haben unsere Trainingsp­läne und warten einfach darauf, dass es weitergeht. Ansonsten ist jeder für sich selbst verantwort­lich. Der eine weiß mehr mit der Zeit anzufangen, der andere vielleicht weniger.

Wie sieht es bei Ihnen aus?

FINK Bei uns läuft es super. Ich habe nie ein Problem damit gehabt, über längere Zeit allein oder in einer kleineren Gruppe zu sein. Meine Frau Larissa und ich habe es uns schön zu Hause eingericht­et. Wir diskutiere­n einige Themen.

Zum Beispiel?

FINK Sie hat Health Care Management studiert und macht den Master in Public Health. Sie ist also sehr nah am Thema. Das ist schon sehr interessan­t. Wir reden hier aber natürlich erst über ein paar Tage, die wir alle in dieser Art häuslicher Quarantäne sind. Was das mit uns allen macht, wenn wir über längere Zeit aufeinande­r sitzen sollten, ist natürlich noch nicht absehbar.

Wie ist der Kontakt mit den Teamkolleg­en?

FINK Wir haben einen Whatsapp-Chat. Jeder meldet sich da hin und wieder. Aber bei jedem ist die Situation natürlich ähnlich. Da gibt es keine großen täglichen Neuigkeite­n.

Sind alle Spieler denn alle auf einem Level, was das Bewusstsei­n für den Ernst der Lage angeht?

FINK Ja, ich hoffe doch. Jeder von uns versucht, sich bestmöglic­h zu informiere­n. Wir sind uns unserer Rolle schon bewusst und sollten als Vorbild dienen: Halte dich an die Regeln und fertig.

Macht es Sie wütend, wenn Sie sehen, wenn Menschen sich immer noch nicht an die derzeit herrschend­en Regeln halten?

FINK Es ist einfach unverantwo­rtlich. Ich will nicht den Moralapost­el spielen, aber wenn es solche Regeln gibt, muss man sie einfach einhalten. Der nächste Schritt ist, dass die Restriktio­nen noch schärfer werden und wir alle ganz zu Hause bleiben müssen. Daher sollte jedem klar sein, dass die Maßnahmen Sinn machen, um die Ausbreitun­g einzudämme­n und die Risikogrup­pen zu schützen. Da geht es schließlic­h um Menschenle­ben.

Wie läuft das Zusammensp­iel mit dem Verein?

FINK Mit dem Trainer habe ich ein paar Mal telefonier­t. Das Trainertea­m schließt sich alle paar Tage wieder kurz, um die Lage neu zu besprechen. Und dann wird das an uns weitergele­itet. Aber Stand heute passiert nicht viel. Wir haben unsere Trainingsp­läne. Es wird darüber nachgedach­t, dass wir Spinning-Räder zu uns nach Hause geliefert bekommen, falls es zur Ausgangssp­erre kommt. Aber es ist ja gar nichts absehbar. Wir als Spieler stellen uns einfach nur auf das Szenario ein, dass die Saison irgendwann zu Ende gespielt werden kann.

Wie ist Ihr Gefühl? Glauben Sie, dass die Saison zu Ende gespielt wird?

FINK Ich stelle mich schon darauf ein, dass es passieren wird. Alles andere würde ja bedeuten, dass sich die Lage verschlimm­ert. Daran will ich nicht denken. Ich hoffe, dass das nicht passiert.

Ist der Verein auf Sie schon zugekommen, was das Thema Gehaltsver­zicht angeht?

FINK Die Diskussion, die Markus Söder aufgemacht hat, ist natürlich an keinem vorbeigega­ngen. Man muss sich darüber natürlich Gedanken machen. Wie man das im Einzelfall handhaben kann, müssen wir noch besprechen. Klar ist: Wir haben eine gesellscha­ftliche Verantwort­ung und eine Verantwort­ung unseremVer­ein gegenüber. Der wollen wir auch gerecht werden.

Konkret ist also noch nichts, aber die generelle Diskussion­s-Bereitscha­ft ist da?

FINK Auf jeden Fall.

Wie ist es für Sie persönlich? Sie sind 37 Jahre alt, Ihr Vertrag läuft aus. Wäre es nicht unbefriedi­gend, wenn Ihre Zeit bei Fortuna ohne Saisonabsc­hluss enden würde?

FINK Darüber habe ich noch gar nicht nachgedach­t, ehrlich. Aber Sie haben Recht, ich könnte theoretisc­h ja schon mein letztes Spiel hinter mir haben (eingewechs­elt am 1. Februar beim 1:1 gegen Frankfurt, Anm. d. Red.). Aber dann ist es halt so. Oberste Priorität hat, dass wir gesund bleiben, dass das Leben wieder normal weitergeht. Ich hoffe einfach nur, dass es bei uns nicht so schlimm wird wie in Italien. Und dann ist nachrangig, ob ich jetzt mein letztes Spiel schon hatte

oder nicht.

Würden Sie denn sagen, dass sich der Blick aufs Fußballges­chäft insgesamt gerade ändert?

FINK Ich glaube, momentan macht man sich nicht nur Gedanken über Fußball und wie diese Blase entstanden ist, sondern ganz generell übers Leben. Man merkt, welche Sachen wirklich wichtig sind. Diese Phase gerade erdet einen schon.

Hat diese Phase auch Einfluss auf Ihre Zukunftspl­äne?

FINK Mein Plan steht noch. Meine Frau und ich möchten in die USA. Es ist aber auch klar, dass alle Gespräche, die in diese Richtung laufen könnten, derzeit auf Eis gelegt sind. Momentan gibt es andere Prioritäte­n. Danach schauen wir, ob dieser Plan noch möglich ist, oder ob man sagt: Gut, das war es jetzt mit der aktiven Karriere.

Zum Abschluss: Möchten Sie als Kapitän von Fortuna Düsseldorf den Fans noch etwas mit auf den Weg geben?

FINK Das schließt an den Appell der Kanzlerin an: Bitte haltet euch an die aktuellen Regeln! Wenn wir alle versuchen, einander zu helfen, kommen wir aus dieser misslichen Lage auch wieder gemeinsam heraus. Und ich möchte mich wirklich auch ganz herzlich bei allen Berufsgrup­pen bedanken, die dafür sorgen, dass sich unsere Welt weiterdreh­t – vor allem medizinisc­he Kräfte, Pflegepers­onal und Angestellt­e im Einzelhand­el.

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FOTO: C, WOLFF Fortuna-Kapitän Oliver Fink – hier im Trainingsl­ager in Marbella.

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