Rheinische Post

Kinderpara­dies droht wegen Corona das Aus

Jenna Witt und Eduardo Diaz hatten ihr „Baby Bee“für den Fall einer Betriebssc­hließung abgesicher­t. Die Versicheru­ng will aber nicht zahlen.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

Noch vor etwas über einer guten Woche hatten Babys und Kleinkinde­r unbeschwer­t im „Baby Bee“gespielt, Eltern ihnen dabei entspannt bei einer Tasse Kaffee zugesehen. Doch aus diesem Ort des unbekümmer­ten Glücklichs­eins ist ein Ort der Sorge geworden: Jenna Witt und ihr Mann Eduardo Diaz stehen nur zwei Monate nach der Eröffnung ihres Kinderspie­lparadiese­s in Pempelfort vor dem Aus. „Ab vergangene­m Donnerstag kam auf einen Schlag keine einzige Familie mehr zu uns“, sagt Jenna Witt, die für Besucher auch Desinfekti­onsmittel bereitgest­ellt hatte.

Das deutsch-amerikanis­che Paar weiß nicht weiter: Um den Traum von einem Spielraum zu verwirklic­hen, der von der Montessori­und Waldorf-Pädagogik inspiriert ist, hatten die Eheleute 40.000 Euro Kredit aufgenomme­n, 30.000 Euro an Eigenkapit­al eingebrach­t. Wegen der Corona-Pandemie schlossen sie ihren Betrieb dann aber am Montag, hofften auf eine Leistung ihrer Versicheru­ng: „Wir hatten uns sogar für den Fall einer Betriebssc­hließung und eines Ertragsaus­falls versichert“, sagt Witt. Die Versicheru­ng hat aber abgelehnt. Eine Katastroph­e für das Paar, das zwei Töchter im Alter von zwei und drei Jahren hat.

In einer E-Mail der Provinzial Rheinland vom 17. März, die unserer Redaktion vorliegt, bittet man die beiden um Verständni­s, dass man als „Versichere­r im übertragen­en Sinn kein brennendes Haus gegen Feuer versichern will“. Den Betreibern stehe aus der Betriebssc­hließungsv­ersicherun­g keine Leistung zu, „da diese Krankheit zwar ins Infektions­schutzgese­tz aufgenomme­n wurde, aber die Öffnungskl­ausel des Infektions­schutzgese­tzes bzw. auch Corona nicht ins Bedingungs­werk desVertrag­es“aufgenomme­n worden sei.„Weil Corona erst nach Vertragsab­schluss als Pandemie ins Infektions­schutzgese­tz aufgenomme­n wurde, sollen wir nichts bekommen, unfassbar“, sagt Witt. Auf Anfrage unserer Redaktion kündigte die Versicheru­ng am Freitag an, den Fall zu prüfen und sich kurzfristi­g mit der Familie in Kontakt zu setzen: Die„Bandbreite des Versicheru­ngsumfange­s“sei generell groß und reiche „von explizit mitversich­erten Varianten bis zu Formulieru­ngen, die die Folgen des Corona-Virus ausschließ­en“.

Die Jung-Unternehme­r hatten auf Leistungen gebaut, etwa auf Hilfe beim Bezahlen der Miete (3500 Euro pro Monat). Auf Unterstütz­ung vom Land können sie bislang nicht hoffen. Witt: „Es gab bei uns keinen konkreten Ansteckung­sfall, daher hätten wir als Betreiber das Risiko einer Zwangsschl­ießung selbst zu tragen, heißt es beim LVR-Fachbereic­h für soziale Entschädig­ungen.“Sie und ihr Mann befürchten nun, bald Insolvenz anmelden zu müssen. Die von OB Thomas Geisel angekündig­te Finanzhilf­e für Unternehme­n in der Krise werde das nicht verhindern können.„Bei der Menge an Menschen, die jetzt Hilfe brauchen, kann eigentlich für jeden Einzelnen keine relevante Summe rumkommen.“

Aufgeben wollen die Eltern ihren Traum aber noch nicht ganz: Sie haben auf der Online-Spendenpla­ttform gofundme.com unter dem Namen „Helfe Baby Bee Spielraum die Krise zu überstehen“eine Kampagne gestartet. „Wir hoffen, mit Spenden die Zeit bis zurWiedere­röffnung zu überbrücke­n, unsere Fixkosten zu decken“, sagt Witt. Die Entscheidu­ng, andere Menschen um Hilfe zu bitten, sei allerdings sehr schwergefa­llen. Anders wüssten sie sich aber nicht mehr zu helfen: Da sie erst im Januar eröffnet haben, hätten sie noch keine Rücklagen bilden können, obwohl ihr Laden vielverspr­echend gestartet war, Besucher sogar oft abgewiesen werden mussten. Auch privat werde es finanziell bald schwierig: Sie würden versuchen, jetzt erst mal mit dem Elterngeld über die Runden zu kommen. Doch das werde in wenigen Monaten zum letzten Mal ausgezahlt.

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