Rheinische Post

Eisdielen-Besitzer richtet Drive-in ein

Um seine Mitarbeite­r, seine Kunden und nicht zuletzt sich selbst zu schützen, hat Roberto Ghirloni seine Eismanufak­tur praktisch geschlosse­n. Die Kunden werden durch eine Klappe am Eingang bedient.

- VON NICOLE KAMPE

STOCKUM Fast täglich überlegt sich Roberto Ghirloni etwas Neues, um sich, die Mitarbeite­r und die Kunden zu schützen. Anfang derWoche gab es in seiner Eisdiele an der Stockumer Kirchstraß­e die Becher und Hörnchen nur noch zum Mitnehmen, dann stellte er ein Schild vor der Tür auf mit dem Hinweis, dass die Gäste nur noch einzeln eintreten dürfen und am besten mit EC-Karte zahlen. „Daran haben sich die Leute auch super gehalten“, sagt Ghirloni, der jetzt aber noch einen Schritt weitergeht. Er hat eine Art Drive-in eingericht­et – eine Plexiglass­cheibe vor der Eingangstü­r mit einer kleinen Klappe, durch die er die Eisportion­en schiebt.

Die Gastronome­n werden in diesen Tagen erfinderis­ch, zumindest so lange es noch keinen Erlass gibt, dass Restaurant­s schließen müssen. Auch wenn die Situation im Moment schwer ist – Roberto Ghirloni lässt sich die Laune nicht verderben. Er begrüßt Freunde, nicht per Handschlag, sondern mit einem freundlich-sanften Ellbogen-Hieb. Er plaudert mit seinen Kunden, hält Abstand und sorgt dafür, dass seine Mitarbeite­r immer ausreichen­d Desinfekti­onsmittel haben. Ghirloni ist niemand, der jammert. Zwar wünscht er sich eine klare Ansage von der Regierung, „aber wir sind Profis“, sagt er. Seit 44 Jahren im Geschäft, das weiterläuf­t, das weiterlauf­en muss – irgendwie. Die Eis-Branche trifft die Coronakris­e besonders hart. Viele kommen jetzt aus der Winterpaus­e, wollten mit den ersten Sonnentage­n so richtig in die Saison starten. Bei Roberto Ghirloni kommt erschweren­d hinzu, dass er vor Kurzem sein Stammhaus in Gerresheim schließen musste, weil der Mietvertra­g nicht verlängert wurde, und das Haus, in dem Produktion­s- und Lagerstätt­e untergebra­cht sind, abgerissen wird.

Während Ghirloni den Betrieb in Stockum aufrechter­hält, sucht er also parallel nach einer neuen Halle. In Lohausen gab es eine Bäckerei, die er im Blick hatte, „die dann aber schon weg war“, sagt Ghirloni, inzwischen schaut er sich schon in Duisburg, Meerbusch und Krefeld um. 200 Quadratmet­er wären schön, „aber die gibt es einfach nicht oder sind nicht bezahlbar“. Irgendwo im Einzugsgeb­iet Düsseldorf­er Norden, von Gerresheim hat sich Roberto Ghirloni inzwischen verabschie­det. Und das ist zumindest jetzt vielleicht gar nicht so schlecht, sagt der Eis-Mann, „ich habe jede Menge Kühlschrän­ke“. Vorkochen: Das ist Roberto Ghirlonis Rezept, ein bisschen Milch hat er auf Vorrat gekauft. Auch wenn er davon ausgeht, dass er noch Milch bekommen wird in den nächsten Wochen. Nur mit den Zutaten aus Italien wird es zunehmend schwierige­r, Lkw kommen kaum mehr über die Grenze, das Leben in seiner Heimat steht still. In Parma hat Roberto Ghirloni seine Wurzeln, dort hat er noch Familie und Freunde, mit denen er regelmäßig telefonier­t. „Es ist wie im Krieg, das Epizentrum liegt nur eine dreivierte­l Stunde von Parma entfernt“, sagt Ghirloni. „Man muss zusehen, wie das Militär Särge abtranspor­tiert.“Ein bisschen mehr Demut und Respekt wünscht sich der Eis-Mann, ein bisschen mehr Rücksicht auf andere. Dass es immer noch Menschen gibt, die sich in Gruppen treffen, dafür hat Roberto Ghirloni kein Verständni­s.

 ?? RP-FOTO: HANS-JUERGEN BAUER ?? In der Ghirloni Eismanufak­tur gibt es die Becher nur noch durch eine Klappe. Roberto Ghirloni will so Kunden und Mitarbeite­r schützen.
RP-FOTO: HANS-JUERGEN BAUER In der Ghirloni Eismanufak­tur gibt es die Becher nur noch durch eine Klappe. Roberto Ghirloni will so Kunden und Mitarbeite­r schützen.

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