So weit hätte es nie kommen dürfen
Es ist nach wie vor unklar, ob die Olympischen Spiele in Tokio in diesem Sommer angesichts der Corona-Pandemie stattfinden oder nicht. Max Hartung hat dagegen seit dem Wochenende Klarheit: Der Athletensprecher teilte im „ZDF-Sportstudio“trotz erbrachter Qualifikation mit, er habe für sich entschieden, in diesem Jahr nicht an den Spielen teilzunehmen. Er wolle damit ein Zeichen in der gegenwärtigen Diskussion setzen, sagte der Dormagener Säbelfechter. Er tat sehr viel mehr als das. Er inszenierte einen sporthistorischen Moment. Er stellte das eigene Ego hinter die Interessen seiner Sportkollegen zurück. Und er teilte der Öffentlichkeit in dieser Form friedlichen Widerstandes mit: Seht her, das IOC bürdet mir als einzelnem Sportler eine solche herzzerreißende Entscheidung auf. So weit hätte es niemals kommen dürfen.
Vor der Entscheidung auf seinen freiwilligen Olympiaverzicht lag am vergangenen Mittwoch eine stundenlange Telefonkonferenz mit dem IOC. Hartung nahm mit 220 Athletenvertretern aus der ganzen Welt daran teil. Was sie zu hören bekamen, waren in ihren Ohren lediglich Sonntagsreden. Dass das Wohl der Athleten im Vordergrund stehe. Glauben tun dies immer weniger Athleten.
Die Wahrheit ist doch: Überall sind Sportler derzeit vom regulären Trainingsbetrieb abgenabelt, es werden Qualifikationswettkämpfe abgesagt, sind Reisen untersagt. Das Gros der Sportler hat innerlich längst resigniert, was Olympia im Sommer angeht. Zurecht, denn mit seinem Leistungsoptimum wird dort niemand anreisen können. Es wären lächerliche Spiele.
Hartungs Selbstverzicht trägt nun die Befürchtungen der Athleten in einer Entscheidung an die Öffentlichkeit. Und die beste Wirkung wird Hartungs Opfer entfalten, wenn ihm möglichst bald weitere Athleten folgen.