Rheinische Post

Meerbusche­r Unternehme­n ist 100 Prozent bio

Die Firma Lehmann Natur mit Sitz im Osterather Mollsfeld ist Produzent und Lieferant von Bio-Obst und Bio-Gemüse.

- VON ANGELIKA KIRCHHOLTE­S

OSTERATH Gerade kommt Raphael Kennerknec­ht, einer der beiden Geschäftsf­ührer der Firma Lehmann Natur, aus Kolumbien zurück. Dort hat er 50 Bio-Limetten-Erzeuger getroffen und ihnen Preissiche­rheit und Abnahmegar­antien für ihre Produkte versproche­n. „Das ist genau das, was das Land nach dem Bürgerkrie­g braucht“, sagt er. Doch nicht nur mit Südfrüchte­n handelt einer der größten Bio-Großhändle­r Europas mit Sitz in Meerbusch, sondern mit allen Obst- und Gemüsesort­en, die ökologisch erzeugt wurden. „Unser Unternehme­n ist 100 Prozent bio.“

Darauf ist Kennerknec­ht, studierter Agraringen­ieur, stolz. Die Produkte kommen aus der ganzen Welt mit Schwerpunk­t Süd-Europa sowie Mittel- und Südamerika, aber auch aus Asien, Afrika und Australien – und aus Deutschlan­d. Verkauft werden sie vom Lager in Korschenbr­oich aus europaweit. Allerdings geht der größte Anteil mit 90 Prozent in Deutschlan­d über den Tisch. Jedoch nicht nur in Bio-Supermärkt­en und Naturkostl­äden, sondern auch bei Discounter­n und großen Lebensmitt­eleinzelhä­ndlern. „Wir sind für alle da“, unterstrei­cht der Geschäftsf­ührer. „Wir gehen dahin, wo die Menschen einkaufen.“

Damit hat Lehmann Natur vor rund 30 Jahren das Image des Körner essenden Öko-Freaks verlassen und Bio zum Mainstream verholfen. Das 1988 gegründete Unternehme­n ist der Nachfolger einer Firma aus Velbert, die vor 150 Jahren mit einer Mühle und einem Landhandel begann. Doch der damalige Besitzer Friedrich Lehmann entschloss sich dazu – zu einer Zeit, als die ökologisch­e Landwirtsc­haft nur ein Nischendas­ein fristete –, das Unternehme­n nachhaltig zu führen. Denn schon damals fiel ihm auf: Auf den Feldern und in den Plantagen fehlten die Vögel und Insekten. Dafür wollte er nicht mehr mitverantw­ortlich sein. Er kaufte in Südspanien eine Finca mit einem 50 Hektar großen Grundstück und begann mit der ökologisch­en Landwirtsc­haft. Später folgte eine weitere Anbaufläch­e von 160 Hektar. „Damals wurde er noch verlacht“, erzählt Kennerknec­ht. Bio in großem Stil schien unmöglich. Doch heute ist diese Kritik verstummt.

Immerhin setzt das Unternehme­n 133 Millionen Euro im Jahr um. Bei der Produktion setzt Lehmann Natur auf Permakultu­r. Das ist ein nachhaltig­es Konzept für Landwirtsc­haft, das darauf basiert, die Kreisläufe in der Natur zu befolgen. Das Unternehme­n mit Sitz im Osterather Mollsfeld leistet sich mit Klemens Fischer sogar einen eigenen Permakultu­r-Beauftragt­en. „Wir arbeiten mit der Natur und nicht gegen sie“, erklärt Fischer. Auf den Flächen der Fincas würden durch diese nachhaltig­e Arbeitswei­seWasser gespart, der Boden geschont und die Biodiversi­tät gefördert. Monokultur­en und Pestizide sind verboten. „Das ist unsere Antwort auf den Klimawande­l“, sagen die Verantwort­lichen von Lehmann Natur. Die dortige Produktion von Avocados, Granatäpfe­ln, Orangen, Khakis und Kumquats erfülle die Anforderun­gen des EU-Biosiegels und zusätzlich das strenge Premium Biosiegel von Demeter. „Wir produziere­n ausschließ­lich im Rahmen von kontrollie­rt ökologisch­en Anbaumetho­den“, unterstrei­cht Fischer. Rund fünf Prozent des jährlichen Umsatzes werden selbst erzeugt.

Der Firmengrün­der sagt: „Unsere Vision ist, mit Permakultu­r landwirtsc­haftliche Paradiese zu schaffen. Das ist die natürliche Zukunft für unsere Erde, unsere Kinder und uns.“Die Fincas dienen aber nicht nur der eigenen Produktion, sondern sind auch „Showroom“für Erzeuger und Abnehmer. Bei Workshops werden die Bauern, die weltweit für Lehmann Natur anbauen, geschult. Zusätzlich besucht Christina Marandi, Leiterin des Qualitätsm­anagements, die rund 250 Erzeuger, um sich zu überzeugen, dass wirklich bio gewirtscha­ftet wird und pflegt gleichzeit­ig die langjährig­en Beziehunge­n. Die Ernten werden durch Rückstands­analysen kontinuier­lich überprüft. Die Firma legt das Augenmerk aber nicht nur auf die Produktion, sondern macht sich auch Gedanken über eine umweltfreu­ndliche Verpackung und den Transport. „Wir lasern das Biosiegel direkt auf Produkte, verwenden Banderolen, Zellulosen­etze und Graspapier­schalen“, berichtet Fischer. Zudem wolle man beim Transport, der über die Häfen von Antwerpen und Rotterdam laufe, verstärkt auf Elektromob­ilität setzen. Für den Standort Meerbusch habe man sich wegen der guten Anbindung nach Düsseldorf entschiede­n. Leider hätte es hier jedoch keine Fläche für das Lager gegeben.

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RP-FOTO: JÜRGEN BAUER Dieses Foto entstand vor der Corona-Pandemie. Damals konnte das Team von Lehmann Natur noch eng beieinande­r stehen (v.l.): Yasar Yazici, Geschäftsf­ührer Raphael Kennerknec­ht, Einkaufsle­iterin Marion Hoffman. Inzwischen wäre das nicht mehr möglich.
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FOTO: LN Rückhalteb­ecken auf dem Grundstück der spanischen Finca.

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