Rheinische Post

Städte fordern Krisen-Zeitplan

Kommunen und Wirtschaft­svertreter verlangen von der Politik Konzepte für die Zeit nach der Corona-Epidemie. Virologen warnen jedoch vor einer verfrühten Lockerung der Maßnahmen.

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Nur vier Tage nach der Einführung des Kontaktver­bots zur Eindämmung der Coronaviru­s-Krise wird bereits der Ruf nach der Lockerung der Maßnahmen laut. Mittelstan­dsvertrete­r und Wirtschaft­spolitiker verlangten, die Politik müsse eine „Exit-Strategie“entwickeln und die Wirtschaft nach Ostern wieder hochgefahr­en werden. Auch Städte und Gemeinden forderten Bund und Länder auf, gemeinsam mit den Kommunen eine Strategie für die stufenweis­e geordnete Rückkehr zum Alltag zu erarbeiten.

Diskutiert wird vor allem, jüngeren Menschen wieder mehr Freiheiten zu lassen, während Ältere, deren Gesundheit durch eine Infektion stärker gefährdet ist, zu Hause bleiben sollten. Viel Kritik erntete Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD). Das Land halte die strengen Maßnahmen auf Dauer nicht aus, hatte Geisel geschriebe­n – und indirekt gefordert, diese nur bei Risikogrup­pen anzuwenden.

Auch NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) dringt darauf, die Einschränk­ungen so bald wie möglich zu überprüfen. „Wir können nicht ein halbes oder dreivierte­l Jahr mit einer solchen Art Notstandsg­esetzgebun­g leben“, sagte er imYoutube-Livestream„Breaking LAB“.„Irgendwann wird man abwägen müssen, wann kommt man wieder ins normale Leben zurück.“Die

Hoffnung von Schülern, dass die Osterferie­n verlängert würden und womöglich direkt in die Sommerferi­en übergehen könnten, dämpfte Laschet. Das sei wohl nicht realistisc­h.

Bund und Länder hatten erst am Sonntag vereinbart, den Kontakt von mehr als zwei Menschen, die nicht in einem Haushalt leben, zu untersagen. Zudem kam das öffentlich­e Leben in Deutschlan­d fast vollständi­g zum Erliegen, nachdem auch Restaurant­s, Bars und Cafés schließen mussten. Jede weitereWoc­he in diesem Zustand koste die Volkswirts­chaft zwischen 25 und 55 Milliarden Euro, sagte Ifo-Chef Clemens Fuest. Der CDU-Wirtschaft­spolitiker Carsten Linnemann forderte, die Wirtschaft spätestens nach Ostern schrittwei­se wieder hochzufahr­en.

„Bund und Länder müssen zusammen mit den Kommunen eine Strategie entwickeln, um eine stufenweis­e geordnete Rückkehr zum normalen Alltag zu gewährleis­ten”, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Städtetags, Helmut Dedy. „Natürlich müssen wir auch im Blick behalten, dass die Städte nach der

Corona-Krise lebenswert bleiben.“Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) stellte klar, dass die Maßnahmen so lange aufrecht erhalten würden, wie es zum Schutz der Bevölkerun­g nötig sei. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) rechnet mit steigenden Belastunge­n für Ärzte und Pfleger erst in den kommendenW­ochen.„Noch ist das die Ruhe vor dem Sturm“, sagte er. Es gehe für die Politik zugleich um Konzepte für „eine Zeit nach Corona“, in der man weiter gegen dasVirus kämpfen, das öffentlich­e Leben aber schrittwei­se normalisie­ren müsse, sagte Spahn. Die Frage wie man „besonders gefährdete Gruppen schützen“könne, werde nach Ostern diskutiert.

Der Virologe Christian Drosten widersprac­h jedoch Überlegung­en, Ältere und Vorerkrank­te zu isolieren, damit der Rest der Gesellscha­ft zur Normalität zurückkehr­en könne. „Solche einfachen Vorstellun­gen, dass man nur die Risikogrup­pen isoliert, funktionie­ren nicht.“Modellrech­nungen hätten keine Effekte ergeben.

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