Rheinische Post

„Die Leute sollen mal abschalten“

Der Essener erzählt, warum sein Autokino trotz Corona geöffnet hat.

- CLAUDIA HAUSER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

ESSEN Die wichtigste Nachricht steht in fetten Lettern auf der Homepage des Essener Autokinos: „Wir haben offen!“In Zeiten von Corona ist das eine Sensation. In Nordrhein-Westfalen mussten Kinos und Theaterhäu­ser schließen. Auch das Autokino Essen hatte nach dem Erlass des Landes erst einmal zu. Kinoleiter Frank Peciak erzählt, warum ein Kino im Moment wichtig sein kann.

Herr Peciak, bei Ihnen darf man trotz Corona Filme gucken?

PECIAK Ja, seit Donnerstag haben wir wieder auf. Wir hatten von Sonntag bis Mittwoch zu, dann hat mein Chef einen Brief an die Stadt geschriebe­n.

Was hat er denn geschriebe­n?

PECIAK Naja, er hat denen die Gründe genannt, die dafür sprechen, dass wir wieder aufmachen dürfen. Wir sind ja praktisch kontaktfre­i, sag ich mal. Snackbar und Heizlüfter-Verleih bleiben geschlosse­n und die Toiletten werden bewacht, so dass da nie mehr als zwei Leute drin sind. Ein paar unserer Leute rennen auf dem Platz rum und sorgen dafür, dass die Leute nicht aus ihren Autos aussteigen – auch nicht zum Rauchen. Die Stadt Essen meinte dann: okay, passt. In Köln ist das anders: Da muss das Autokino geschlosse­n bleiben. Außer uns hat nur ein Autokino in Stuttgart-Kornwesthe­im auf.

Und die Tickets kauft man vorher?

PECIAK Ja, das geht im Moment nur online. Den Code scannen wir dann durch die geschlosse­ne Autoscheib­e. Der Ton zum Film kommt in Stereo direkt über das Autoradio.

Gibt's dann jetzt gar keine Snacks?

PECIAK Nee, nix. Snacks und Getränke darf man jetzt selbst mitbringen. Normalerwe­ise gibt es bei uns alles, auch Bratwürste.

Welche Filme laufen denn?

PECIAK Wir spielen gerade Filme, die ein paar Wochen alt sind. Es gibt ja gerade keinen neuen Produktion­en. Bei uns läuft „Nightlife“, „Bad Boys for Life“, „Die Eiskönigin 2.“Am Dienstag war eine Frau aus Dortmund mit ihren beiden Kindern hier, die sich bedankt hat, weil sie nicht mehr wusste, was sie zu Hause noch alles machen soll mit den beiden.

Vor 60 Jahren hat in Deutschlan­d das erste Autokino geöffnet. Können Sie überhaupt feiern?

PECIAK Wir hatten ein paar Aktionen vor, dann kam uns aber die Coronakris­e dazwischen.

Was war geplant?

PECIAK Das verrate ich nicht. Vielleicht machen wir was, wenn alles vorbei ist.

Eigentlich müssten Sie doch gerade einen Riesen-Boom erleben…

PECIAK Leider nicht. Unsere Flohmärkte auf dem Kinogeländ­e finden nicht mehr statt, der Automarkt auch nicht. Der ist jeden Samstag eigentlich. Da fehlt viel Geld, das auch das Kino nicht auffangen kann. Aber weil wir jetzt wieder öffnen durften, können unsere 30 Leute arbeiten und ihr normales Geld verdienen. Das Kurzarbeit­ergeld reicht ja vorn und hinten nicht.

Pro Auto sind also zwei Personen erlaubt oder Familien mit Kindern?

PECIAK Genau. Und da sind wir auch streng. Wenn drei Leute drin sitzen, muss einer gehen. Wir sind einfach froh, dass wir den Leuten die Möglichkei­t bieten können, dass sie zwei Stunden den Kopf frei kriegen von Corona. Wir sind nicht so wichtig wie ein Krankenhau­s oder ein Supermarkt, aber wenn du was hast, wo du mit deinen Kindern hin kannst, dann ist das eine gute Sache. Was soll werden, wenn alle wirklich mal zwei, drei Monate nichts machen können? Die sollen zu uns kommen und mal abschalten. Wir sind das letzte Licht, das gerade noch leuchtet.

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FOTO: PRIVAT Frank Peciak mit seiner Tochter Benita.

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