Rheinische Post

Zimmer unterstütz­t werdende Väter

Fortunas Profi Jean Zimmer wurde Anfang März zum ersten Mal Vater. Er fordert, dass Männer zu jeder Zeit Geburten miterleben dürfen.

- VON PATRICK SCHERER

Im Hause Zimmer ist der Tagesablau­f derzeit relativ einfach gestrickt. Fortuna-Profi Jean beschreibt das ganz nüchtern: „Die Kleine nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Alle Spieler haben zudem ja Trainingsp­läne bekommen, die wir abarbeiten. Ansonsten geht es ab und an mal einkaufen, dann wird gekocht und gegessen.“Und dann geht es wieder von vorne los.

Mit „die Kleine“meint Jean Zimmer seine Tochter Charlotte, die am 5. März das Licht der Welt erblickte und somit mitten in eine der größten Krisen des Landes geboren wurde. Doch der Papa zieht aus dieser Situation das Positive, kann er doch fast seine komplette Zeit seiner Familie widmen: „Was das angeht, habe ich Glück. Ich kann meine Frau unterstütz­en, wo es geht. Ich kann die intensive Zeit mit der Kleinen genießen, ohne auf die Uhr gucken zu müssen und zu wissen, gleich muss ich wieder los. Sie verändert sich von Tag zu Tag. Ich bin weder im Trainingsl­ager noch im regulären Trainingsb­etrieb, sondern ich bin zu Hause und erlebe alles mit.“

Das Zusammensp­iel mit Ehefrau Sara Magdalena, die er 2019 heiratete, beschreibt Zimmer so:„Man lernt sich selbst noch einmal ganz anders kennen. Es ist eine sehr spannende und schöne Zeit.“

Spannend und schön war für ihn auch der Tag der Geburt. Dass einige Kliniken nun aufgrund der Corona-Krise Männer den Zutritt zum Kreißsaal verboten haben, können die Zimmers nicht nachvollzi­ehen. Auf ihren Social-Media-Kanälen unterstütz­en sie deshalb eine Petition, die fordert, Männer in die Kreißsäle zu lassen. „Der Tag ist für den Mann nicht so anstrengen­d wie für die Frau, aber du willst natürlich die ganze Zeit gucken, dass es deiner Frau möglichst gutgeht“, erklärt Zimmer.„Es ist auch eine Unterstütz­ung für die Hebammen, die ohnehin völlig am Limit arbeiten. Ich habe dann auch den Kontakt zu den Hebammen gesucht oder mich um etwas zu trinken oder zu essen gekümmert.“

Er möchte gar nicht darüber nachdenken, was gewesen wäre, wenn er am 5. März nicht in den Kreißsaal gedurft hätte. „Es war der intensivst­e Moment meines Lebens.

Es hat 16 Stunden von der Ankunft im Krankenhau­s bis zur Geburt gedauert. Wenn ich mir vorstelle, dass ich in dieser Zeit zu Hause hätte hocken müssen und Däumchen drehen, wäre ich verrückt geworden“, betont er. „Ich kann verstehen, dass es eine schwierige Zeit ist. Von daher kann ich die Maßnahmen zum Teil nachvollzi­ehen. Aber ich glaube, wenn der Mann das Virus hat, hat ihn die Frau sowieso auch.“

In den 16 Stunden im Krankenhau­s, drehte sich natürlich alles um Sara Magdalena und Charlotte. Nur bei einem Zwischenfa­ll spielte der Profifußba­ller die Hauptrolle. Zimmer betrat eine Toilette zwischen zwei Kreißsälen. Ein Fehler im Türmechani­smus sorgte dafür, dass er nicht mehr herauskam, den Notknopf drücken musste, um befreit zu werden.„Da war ich mal kurz im Mittelpunk­t“, sagt er und lacht. „Das einzig Bittere an der Geschichte war, dass meine Frau gerade in diesem Moment geschlafen hat und dadurch wieder wach wurde. “

Und auch wenn er jede Sekunde mit der Familie genießt, fehlen ihm sein Sport und die Arbeit mit den Fortuna-Kollegen. „Ich vermisse Fußball sehr und freue mich, wenn es weitergeht“, erklärt er, ohne dabei zu sehr an sich denken zu wollen. „Ich bin nicht so weit, mir persönlich­e Ziele zu setzen. Es wäre für unsere Gesellscha­ft wichtig, dass wir diese Situation so gut und so schnell wie möglich überstehen. Jeder kann dazu seinen Teil beitragen.“

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FOTO: DPA Denkt über den Tellerrand hinaus: Fortunas Jean Zimmer (li.), hier mit dem Dortmunder Raphael Guerreiro.

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