NRW-Kliniken fehlen Tests und Schutzmasken
Medizinische Ausrüstung ist auf den Weltmärkten Mangelware. Eine Lieferung von 800.000 Masken entlastet das Land nur kurzfristig.
DÜSSELDORF Kurz vor dem erwarteten Ansturm auf die Kliniken in NRW gibt es weiterhin Engpässe im medizinischen Bereich. Insbesondere Tests und Schutzausrüstungen seien nur sehr schwer zu bekommen, berichtete NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Freitag in Düsseldorf. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (beide CDU) sprach von teilweise mafiösen Strukturen auf dem Weltmarkt. Der Mangel habe sich dadurch verschärft, dass nun auch die USA als Konkurrent im Kampf um Schutzmasken aufträten.
Eine Debatte über ein Ende des Kontaktverbots hält Laschet vor dem Hintergrund steigender Patientenzahlen für verfrüht. Klar sei, dass der aktuelle Zustand nicht ein halbes oder dreiviertel Jahr andauern könne. Hauptziel sei es, die Verbreitung desVirus zu verlangsamen, um in den Kliniken genügend Kapazitäten vorhalten zu können. Notwendig sei weiterhin Geduld.
In NRW nahm die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen deutlich zu, ein Abflachen der Kurve ist bisher nicht erkennbar. Am Freitagnachmittag waren es nach Angaben der Landesregierung 12.017 Erkrankte, 1145 mehr als am Vortag. Insgesamt 88 Menschen sind gestorben. 307 der 6148 intensivmedizinischen Plätze in NRW-Krankenhäusern sind Laumann zufolge mit Corona-Patienten belegt. Seit Tagen rüsten sich die
Kliniken für weiter steigende Patientenzahlen. Die Krisenstäbe einzelner Städte und Gemeinden warnten bereits vor stark sinkenden Beständen beim Schutzmaterial.
Minister Laumann meldete am Freitag den Eingang von 800.000 Schutzmasken und weiterer Ausrüstung, die nun an die Krisenstäbe weitergereicht würden. Doch der Bedarf ist groß. Heinsbergs Landrat Stephan Pusch (CDU) rechnete vor, dass allein in seinem Kreis an einem einzigen Tag 3840 Kittel und mehr als 6000 Schutzmasken verbraucht würden.Wenn sie fehlen, droht dem Klinikpersonal die Ansteckung mit dem Virus. Zum Krankenstand in den Krankenhäusern oder der Zahl der Corona-Infizierten beim Klinikpersonal konnte der Gesundheitsminister keine Angaben machen. Neben Schutzmaterial sind Fachleuten zufolge auch Tests von entscheidender Bedeutung, um das Virus zu stoppen. „Testen ist der beste Weg, um infizierte Personen zu identifizieren und Infektionsketten zu durchbrechen“, bestätigte der Virologe Hendrick Streeck von der Uniklinik Bonn. Es gebe aber einen Mangel an Reagenzien und Pipettenspitzen. Die Kliniken versuchten gerade, kreativ zu werden und die Test-Kapazitäten hochzufahren.
Das Bundesinnenministerium dringt in einem internen Strategiepapier, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“zitiert, auf eine massive Ausweitung der Tests, „um vor die Lage zu kommen“. Vom 6. April an solle bundesweit 50.000 mal täglich getestet werden. Südkorea sei hier ein eindrucksvolles Vorbild. NRW-Gesundheitsminister Laumann sprach von 2000 Teströhrchen, die in den kommenden Tagen im Land verteilt werden sollen.
Um die Ausbreitung des Virus besser zu verstehen, wird der Kreis Heinsberg zum Gegenstand einer Pilot-Studie unter Federführung des BonnerVirologen. Es soll untersucht werden, welchen Weg das Virus genommen hat, wer sich wie infizierte und wodurch. „Der Landkreis Heinsberg ist eine Chance, Informationen zu sammeln und daraus Hinweise für die Praxis abzuleiten“, sagte Streeck. Erste Erkenntnisse seien schon in der kommendenWoche zu erwarten.