Rheinische Post

Mehr Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt

Expertinne­n gehen davon aus, dass während der Corona-Pandemie die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt zunehmen könnte. Die Stadt reagiert und richtet zusätzlich­e Unterbring­ungsplätze insbesonde­re für Frauen in Not ein.

- VON HELENE PAWLITZKI

DÜSSELDORF Plätze in Frauenhäus­ern sind notorisch knapp – auch in Düsseldorf. Anschaulic­h dokumentie­rt das eine Karte auf der Website der Landesarbe­itsgemeins­chaft Autonomer Frauenhäus­er. Dort zeigt ein Ampelsyste­m, wo Frauen, die von Gewalt bedroht sind, mit oder ohne Kindern schnell eine Unterkunft finden können. In Düsseldorf steht die Ampel derzeit auf Rot. Beide Frauenhäus­er haben keine Plätze mehr frei. Die nächstgele­gene Anlaufstel­le mit Kapazitäte­n ist das Duisburger Frauenhaus – allerdings gibt es dort nur Plätze für Frauen ohne Kinder.

Insbesonde­re in der Corona-Krise halten Expertinne­n und Politikeri­nnen das für problemati­sch. Dass Menschen derzeit wenig vor die Tür gehen und nur mit ihren engsten Angehörige­n Kontakt haben, könne ein Nährboden für Eskalation und Konflikt sein, sagt Luzia Kleene von der Frauenbera­tungsstell­e. „Ich erwarte, dass sich die Situation zuspitzt.“

Dieser Ansicht ist auch Gleichstel­lungsbeauf­tragte Elisabeth Wilfart. „Die aktuelle Situation ist angespannt“, sagt sie. „Das muss nicht in Gewalt enden. Aber die Erfahrunge­n von Frauenrech­tsorganisa­tionen aus China zeigen, dass die Corona-Krise durchaus zu einer Zunahme von häuslicher Gewalt führen kann.“

Aktuell gebe es zudem keine Möglichkei­t für Frauen, der Gewalt auszuweich­en. Selbst ein Hotelzimme­r zu nehmen oder privat bei Freunden oder Verwandten unterzukom­men, sei kaum machbar, warnt Kleene.

Die Düsseldorf­er Polizei hat noch keine Zunahme von Anzeigen beobachtet, sagt Juliane Bosselmann aus der Abteilung Kriminalpr­ävention. „Aber das Thema ist losgelöst von Corona ja immer aktuell.“Luzia Kleene verweist zudem darauf, dass die Grundstimm­ung in der Bevölkerun­g trotz Kontaktver­bots aktuell noch von Toleranz und Akzeptanz geprägt sei. „Das kann aber kippen. Auch in China sind die Effekte erst nach einigen Wochen eingetrete­n.“

Die Stadt Düsseldorf reagiert nun. Wie aus Verwaltung­skreisen bestätigt wurde, soll schnellstm­öglich eine Möglichkei­t geschaffen werden, Frauen mit Kindern unterzubri­ngen, die akut von Gewalt bedroht sind. Im Gespräch ist die Anmietung von Hotelzimme­rn. Diesen Weg ist das Amt für Migration und Integratio­n bereits in Bezug auf obdachlose Frauen gegangen. Seit Mittwoch ist die Frauennots­chlafstell­e „Ariadne“so um 24 Plätze erweitert worden.

Laut Kleene von der Frauenbera­tungsstell­e handelt es sich um 10 bis 20 zusätzlich­e Familienpl­ätze, die Frauen mit Kindern zur Verfügung gestellt werden sollen. Eingericht­et werden sollen sie in den nächsten Tagen. Bereits jetzt könne die Frauenbera­tungsstell­e Unterkünft­e für Frauen buchen, so Kleene. Das sei aber komplizier­t, da sie einzeln gesucht werden müssten. Frauen, die in den zusätzlich­en Unterkünft­en unterkomme­n, würden von Vertreteri­nnen der Frauenbera­tungsstell­e telefonisc­h oder übers Internet psychosozi­al versorgt. In Notfällen sei auch persönlich­e Beratung vor Ort möglich. Gefordert hatten zusätzlich­e Frauenhaus-Plätze zuvor auch Politiker der Partei Die Linke im Rat. Man werde Oberbürger­meister Thomas Geisel vorschlage­n, für die Zeit der Krise zu den bestehende­n 29 Plätzen 50 weitere einzuricht­en, so Angelika Kraft-Dlangamand­la, Sprecherin der Ratsfrakti­on.

SPD-Ratsfrau Claudia Bednarski, Vorsitzend­e des Gleichstel­lungsaussc­husses, wies darauf hin, dass die SPD bereits einen Antrag fertiggest­ellt habe, in dem gefordert wird, eine Erstaufnah­mestelle für von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen zu schaffen. Eine solche Clearingst­elle solle die Frauenhäus­er entlasten. Dort könnten Frauen sich melden und für einige Tage unterkomme­n, während ihr Fall und ihre Optionen geprüft würden. Von dort würden sie weiter ins Hilfesyste­m vermittelt, eventuell auch auf feste Plätze in Frauenhäus­ern.

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FOTO: DPA Frauenhäus­er bieten Schutz vor häuslicher Gewalt. Die Plätze sind jedoch knapp – und könnten noch knapper werden.

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