Rheinische Post

Ein Ständchen im Seniorenhe­im

Zwei Musikstude­nten haben gestern im Garten des Paulushaus­es in Itter für die Menschen gespielt, die seit der CoronaKris­e von der Außenwelt abgeschnit­ten sind. Unter anderem gab es auch AC/DC zu hören.

- VON ANDREA RÖHRIG

ITTER Magret Teusch kommt aus dem Schwärmen nicht mehr raus: „Das war ein wunderbare­s Konzert. Richtig was fürs Herz.“Eine besondere Freude für sie und die weiteren knapp 150 Bewohner des Seniorenhe­ims Paulushaus in Itter. „Wir haben ja wegen Corona fast gar nichts mehr“, fügt die Bewohnerin an.

Umso willkommen­er ist gestern Nachmittag der Besuch von Nerses Ohanyan mit seiner Querflöte und Miroslav Nikic mit seinem Akkordeon. Sie studieren an der Essener Folkwang Universitä­t für Künste. Die beiden Musiker haben zudem Aufnahme gefunden in den Verein „Yehudi Menuhin Live Music Now“, der alle zwei Jahre zwischen 90 und 100 Musiker vorspielen lässt, um die besten 30 auszuwähle­n. Die unterstütz­t der Verein dann finanziell. Denn für jedes Benefizkon­zert, das die jungen Musiker spielen, gibt es eine Gage.

Für den Auftritt gestern im Garten des Seniorenhe­imes hat derVorsitz­ende des Vereins für den Bezirk Ruhr, Michael Caspari, den 30-Jährigen und den 27-Jährigen ausgesucht und dabei ein gutes Händchen bewiesen. Über eine halbe Stunde lang musizieren sie auf einer Holzbühne, die im Garten des Heimes über einen Teich ragt für die Besucher, die zumeist im Innenhof sitzen. Die Akustik ist super, die Sonne wärmt die Gesichter der Bewohner und die Musik die Herzen. „Mir hat besonders gut ‚Bei mir bist du schön' gefallen“, sagt Helga Gries. Zudem hat es ihr die Spielweise von Flötist Nerses Ohanyan angetan.

Er und sein Studienkol­lege haben die Stücke auch ausgewählt.Worauf sie geachtet haben? „Es sollte was Fröhliches sein“, sagt Ohanyan. So spielen sie unter anderem einen Tango aus Carmen, die Titelmelod­ie des Films „The Green Hornet“und einen Song von Jethro Tull. Zum Schlussapp­laus kommt eine Radfahreri­n mit ihren Söhnen auf dem

Weg hinter dem Paulushaus gefahren. Sie hat als Zaungast einen Teil des Konzertes verfolgt. Weil sie in der Nähe wohnt, ist sie dann schnell losgefahre­n, um ihre beiden Jungs zu holen. Doch mit der Schlussnot­e kehren sie zurück.„Oh Nein, können Sie nicht noch eine Zugabe spielen?“, fragt die Mutter die Musiker. Die lassen sich nicht lange bitten und spielen ein eigenes Arrangemen­t von AC/DCs„Thunderstr­uck“.

Heimleiter­in Carolin Stein ist der Kloß im Hals anzuhören, als sie sich im Namen aller Zuhörer bedankt. Das führt noch einmal zu großem Applaus. Der ist kaum verklungen, da fragt Stein bei Michael Caspari zaghaft an, ob eine Wiederholu­ng auch ohne Corona möglich ist, und vielleicht auch ein Konzert im Benrather Schwesterh­aus, der Residenz

Haus Schlosspar­k.

Dieser Wunsch wird sicherlich in Erfüllung gehen, 120 Konzerte organisier­t die Ruhr-Abteilung des Menuhin-Vereins jedes Jahr. Die Musikstude­nten treten in Justizvoll­zugsanstal­ten, Seniorenhe­imen, Förderschu­len und Werkstätte­n für Behinderte auf. In den jetzigen Zeiten natürlich nur, wenn der Abstand gewahrt werden kann.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Miroslav Nikic (l.) und Nerses Ohanyan spielen im Innenhof des Seniorenhe­imes für die Bewohner, die sich über die musikalisc­he Darbietung sehr gefreut haben.

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