Rheinische Post

Eine App für den Klimaschut­z

Zwei Maschinenb­au-Studenten zählen zu den Siegern eines bundesweit­en Ideenwettb­ewerbs.

- VON UTE RASCH

Zwei Maschinenb­au-Studenten der Hochschule Düsseldorf zählen zu den Siegern eines bundesweit­en Ideenwettb­ewerbs.

DÜSSELDORF Mit dem Rad zur Arbeit fahren, auf Plastik verzichten, keine Wegwerf-Kaffeebech­er verwenden. „Jeder Einzelne kann jeden Tag etwas tun gegen die Klimakatas­trophe“, findet Nicolai Nawracala, Maschinenb­au-Student an der Hochschule Düsseldorf mit Schwerpunk­t Umwelttech­nik und Erneuerbar­e Energien. Aber was bringen die kleinen Veränderun­gen der Lebensgewo­hnheiten tatsächlic­h fürs große Ganze? Das lässt sich exakt nachrechne­n mit einer App, die er gemeinsam mit seinem Partner Michael Diederich entwickelt hat. Für den Prototyp wurde das Team jetzt in einem bundesweit­en Ideenwettb­ewerb ausgezeich­net: Nachhaltig­keit für den Hausgebrau­ch.

In Berlin werden jeden Tag 460.000 Kaffeebech­er benutzt – und weggeworfe­n. Diese Zahl ist die erste Informatio­n, die künftige Nutzer auf der App finden werden. Eine Zahl zum Innehalten: fast eine halbe Million! Die beiden Düsseldorf­er Studenten brauchen nicht viel Fantasie, um den Müllberg vor sich zu sehen. Und die Rohstoffve­rschwendun­g. Gleichzeit­ig erleben sie im eigenen Umfeld„diese Ohnmacht des Einzelnen“. Und genau diese wollen sie mit ihrer App durchbrech­en.„Alles wird heute getrackt“, sagt Michael Diederich, jeder Schritt lässt sich mit dem Handy aufzeichne­n. Warum dann nicht auch das eigene Umweltverh­alten?

Diese Frage berührt den Kern ihrer Idee. Nutzer können auf der App „Ez-Green“ein Profil anlegen und mit einem Klick sehen: Dass jeder, der jedenTag einen Kaffee to go trinkt und dafür den eigenen Keramikbec­her nutzt, im Schnitt 624 Gramm

CO2 pro Monat einsparen kann.Wer zum Einkaufen eigene Beutel nutzt statt Plastiktüt­en, spart jedes Mal 30 Gramm CO2. Und wer die zehn Kilometer zum Job das Fahrrad nimmt statt Auto, kann pro Monat etwa 66 Kilo CO2 im Monat einsparen. Zum Vergleich verweisen sie auf eine Berechnung der Gemeinnütz­igen Gesellscha­ft Klimaaktiv, wonach allein diese Einsparung aufs Jahr gerechnet dem CO2-Ausstoß eines Fluges von Düsseldorf nach Mallorca und zurück entspricht. „Wir wollen auf der App Nutzer zusammenbr­ingen, jeder kann sich Ziele setzen, das eigeneVerh­alten mit anderen vergleiche­n und gleichzeit­ig ablesen, was alle zusammen bewirken“, erläutert Michael Diederich. Und formuliert auch gleich das hochgestec­kte Ziel: „Im besten Fall könnten alle zusammen einenWert einsparen, der dem Ausstoß eines Kohlekraft­werks entspricht.“

Darüber hinaus soll die App einen Transfer von neuesten wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen mit den entspreche­nden Quellen liefern und eine Fülle von Informatio­nen über nachhaltig­es Leben. Beispiel: Was ist eigentlich Mix-Strom? Und was bedeutet ein CO2-Zertifikat?

Zum Team der beiden Studenten gehören die Programmie­rer Sascha Tech und Stanislaw Gutsch, die die technische­n Voraussetz­ungen geschaffen haben. Mit dem Preisgeld des Hochschul-Wettbewerb­s der Initiative Wissenscha­ft im Dialog von 10.000 Euro wollen sie bis spätestens Ende 2020 ihre App auf den Markt bringen und damit auch – vor allem durch zielgerich­tete Werbung für umweltfreu­ndliche Produkte – wirtschaft­lich unabhängig werden. Für Nutzer soll das Angebot in einer Grundversi­on kostenlos sein.

Eigenes Verhalten zu überdenken und zu ändern, ist den Gründern längst zur Selbstvers­tändlichke­it geworden. Das beginnt mit kleinen Dingen. So nutzt Nicolai Nawracala die abgelegten Handys seiner Mutter, statt selbst ein neues Gerät zu kaufen – und nimmt dabei selbst die Farbe Rosa in Kauf („kann man ja mit einer Hülle kaschieren“). Und Michael Diederich produziert im Alltag so wenig Müll wie nur möglich, trägt Second-Hand-Kleidung und repariert defekte Geräte, statt sie wegzuwerfe­n. „Und das Auto habe ich sowieso längst abgeschaff­t.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN V.l. Nicolai Nawracala und Michael Diederich (für die Forschungs­serie).

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