Freiwillig überwacht
Ein Lockern der Ausgangsbeschränkungen ist nur mit digitaler Hilfe denkbar.
Vor wenigen Wochen habe ich hier auf ein Experiment hingewiesen, das auf Youtube zu sehen ist. Peter Lord, Manager beim Softwarehersteller Oracle, hatte während seines Vortrags ein Smartphone auf der Bühne liegen. Das Gerät mit Googles Betriebssystem Android trug keine Sim-Karte und hing nur im W-Lan. Lord führte vor, wie das Smartphone im Sekundentakt Daten an den Mutterkonzern lieferte. Mehr als zweieinhalb Milliarden Smartphones laufen mit Android. Und für alle gilt der Deal: kostenloses Betriebssystem gegen unentwegtes Datenliefern. Damals fragte ich, was Google wohl über Attentate und Täter weiß.
Die Frage heute lautet: Was wusste Google beispielsweise über die Besucher des „Kitzlochs“, jenes ballermannesken Lokals in Ischgl, aus dessen speichelhaltiger Luft Ski-Touristen aus ganz Europa das Coronavirus mit nach Hause nahmen. Mal angenommen, alle Kitzloch-Gäste mit Android-Handy wären möglichst früh gewarnt und isoliert worden – wäre die Ausbreitung von Covid-19 gebremst worden? Womöglich.
Das Rückverfolgen von potenziellen Infizierten und deren strikte Quarantäne gilt als Bedingung, um ein halbwegs normales Leben zu ermöglichen. Werden die Maßnahmen Ende April tatsächlich gelockert, dann wohl nur, wenn eine App dabei hilft, Infizierte so schnell wie möglich zu isolieren. Das ist derzeit wohl nur denkbar, wenn die Bürger einem Deal zustimmen. Wer also freiwillig eine Verfolgungs-App installiert, wird sich damit paradoxerweise ein Stück Bewegungsfreiheit erkaufen. Wer seine Daten nicht rausrückt, muss daheim bleiben. Das Angebot ist aber nur zu akzeptieren, wenn das Datensammeln zeitlich befristet ist.