Rheinische Post

Schnellkre­dit für Mittelstän­dler

Die Bundesregi­erung bessert nach: Nun gibt es für den Mittelstan­d Kredite, bei denen der Staat zu 100 Prozent haftet. Zugleich hält der Run auf Zuschüsse an: NRW hat bereits 2,8 Milliarden Euro an 269.000 Kleinunter­nehmer gezahlt.

- VON ANTJE HÖNING UND REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN Erst schien es, als ob die Politik den Mittelstan­d bei der Corona-Hilfe vernachläs­sige. Für Konzerne gab es Milliarden und das Angebot der Teilversta­atlichung, für kleine Selbststän­dige Zuschüsse des Landes. Für den Mittelstan­d gab es bislang„nur“Kredite der Förderbank KfW, bei denen der Staat nicht vollständi­g haftete. Entspreche­nd lange müssen die Hausbanken prüfen. Doch nach lauten Protesten der Verbände geht es nun schnell. Die Bundesregi­erung bessert nach und spannt einen weiteren Rettungssc­hirm auf: Bei dem am Montag aufgelegte­n KfW-Schnellkre­dit geht der Staat ins volle Risiko, so dass Banken das Geld schneller auszahlen können. „Für diese Pandemie gibt es keine Blaupause“, sagte Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD). Man müsse beobachten und entschloss­en reagieren. „Der KfW-Schnellkre­dit wendet sich an kleine und mittlere Firmen, die sehr sehr rasch Unterstütz­ung benötigen.“Schnell heißt: Die Banken sollen sich ab Donnerstag um die Auszahlung kümmern können. Es gibt kein Limit beim Gesamtvolu­men.

Anspruch haben Unternehme­n, die mehr als zehn Beschäftig­te haben und ein Opfer der Corona-Krise sind. Bis Ende 2019 dürfen sie noch nicht in wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten gewesen sein. Der Umfang des Kredits beträgt bis zu drei Monatsumsä­tze des vergangene­n Jahres, je nach Betriebsgr­öße maximal 800.000 Euro. Die Kreditlauf­zeiten würden auf bis zu zehn Jahre verlängert, versprach Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU). Damit greift er einen Kritikpunk­t der Mittelstän­dler auf. Die bisherigen Garantien des Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s bezogen sich nur auf Kredite mit fünf Jahren Laufzeit. Das könne aber für einen Mittelstän­dler zu kurz sein, um Kredite zurückzuza­hlen, wie Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis betonte. Er lobte: „Die Bundesregi­erung hat hier schnell und richtig gehandelt.“

Das Entscheide­nde ist: Die KfW übernimmt 100 Prozent der Kreditrisi­ken, ihrerseits ist sie abgesicher­t durch eine Garantie des Bundes, wie die Minister mitteilten. Damit, so hofft die Bundesregi­erung, entfällt die aufwändige Risikoprüf­ung, die die Hausbanken bisher vornehmen mussten. Bislang mussten sie für zehn bis 20 Prozent der Kredite haften und entspreche­nd kritisch prüfen, um selbst keinen Ärger mit der Finanzaufs­icht zu bekommen.

Die Geldhäuser begrüßten die Nachbesser­ung. „Wenn die Kreditprüf­ung der Hausbank erleichter­t wird, können Unternehme­n schneller Förderkred­ite erhalten“, so Schleweis. Ähnlich äußerte sich Christian Ossig, Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­ands deutscher Banken: Dann könne die Hilfe schnell dort ankommen, wo sie gebraucht werde. Der Bundesverb­and der Volksbanke­n warnte jedoch vor zu viel Euphorie: Auch ein Förderkred­it mit 100-prozentige­r Haftungsfr­eistellung sei kein Zuschuss und müsse zurückgeza­hlt

werden. Daher bedürfe es weiter einer, wenn auch vereinfach­ten Risikoprüf­ung durch die Hausbank. Für den KfW-Schnellkre­dit gilt ein Zinssatz von drei Prozent. Später sollen laut Altmaier die Kredite umgewandel­t werden können in andere KfW-Kredite zu günstigere­n Zinsen. Der Bundesverb­and der mittelstän­dischen Wirtschaft fordert, auf die Erhebung von Zinsen zu verzichten.

Zugleich hält der Run auf die direkten Zuschüsse des Landes an: 360.000 Kleinunter­nehmen haben einen Antrag auf NRW-Soforthilf­e gestellt. Auf Freiberufl­er entfielen 20 Prozent der Anträge, auf den Einzelhand­el zwölf, auf das Gastgewerb­e elf Prozent. Bislang wurden nach Angaben des NRW-Wirtschaft­sministeri­ums bereits 2,8 Milliarden Euro an insgesamt 269.000 Kleinunter­nehmen ausgezahlt. Davon floss fast eine Milliarde an 94.000 Firmen im Regierungs­bezirk Düsseldorf.

Die Kosten für den Steuerzahl­er sind noch nicht absehbar: Bisher haben Bund, Länder und Kommunen laut Bundesfina­nzminister­ium 1,2 Billionen Euro an Hilfen bereitgest­ellt. Darunter sind auch Garantien und Bürgschaft­en, die womöglich nie gezogen werden.

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