Rheinische Post

Instagram-Workouts gegen die Isolation

Die „Corona-Aktivisten“wollen mit Sport und Unterhaltu­ng ihre Zuschauer vorm Lagerkolle­r in den eigenen vier Wänden bewahren.

- VON DANIEL SCHRADER

DÜSSELDORF Während Mitte März noch über die Sinnhaftig­keit von Schulschli­eßungen diskutiert wurde und der Erlass eines Kontaktver­botes äußerst unrealisti­sch erschien, startete bei Instagram der Account der „Corona-Aktivisten Düsseldorf“mit seiner ersten digitalen Yogastunde. „Wir haben befürchtet, dass uns eine längere Isolation bevorsteht“, erzählt Kathleen Kleibrink, die mit ihrem Mann Sven auf die Idee für das Projekt kam. Und sie sollte recht behalten.

So hat sich in den vergangene­n drei Wochen aber nicht nur das gesellscha­ftliche Leben verändert, sondern auch das Programm auf dem Instagram-Account. Aus den vereinzelt­en Yogastunde­n ist inzwischen ein vielfältig­es tägliches Programm geworden. „Wir wollten zeigen, dass wir Düsseldorf­er im selben Boot sitzen“, erzählt Kathleen Kleibrink. Und so haben sich viele Düsseldorf­er gefunden, die die Idee der beiden ehrenamtli­ch unterstütz­en und sich mit Kursen einbringen. Die Organisati­on übernimmt das Ehepaar – parallel zu seinen Vollzeitjo­bs, denen die beiden wie viele andere vom Homeoffice aus nachgehen müssen.

Jeden Abend wird auf dem Account das Angebot für den nächsten Tag veröffentl­icht, bevor dann zu der vorher bestimmten Uhrzeit das Liveprogra­mm startet. „Es ist hilfreich, sich in dieser Situatione­n feste Routinen aufzubauen“, erzählt Kathleen Kleibrink. Deshalb beginnt auch jeder Morgen auf dem Kanal mit Yoga oder Meditation. Denn gerade Ruhe und Gelassenhe­it fehlten in dieser Situation vielen Menschen, sagt sie.

Im Laufe des Tages folgen dann Angebote wie Fitness-Workouts. Denn durch die Arbeit im Homeoffice bleibt bei vielen Menschen die Bewegung auf der Strecke. Da die Trainer die Übungen nur vorführen, die richtige Ausführung bei den Teilnehmer­n aber nicht kontrollie­ren können, wird auf komplizier­te Bewegungen verzichtet, um das Verletzung­srisiko zu minimieren. Wer jedoch eine Übung nicht versteht, kann jederzeit über die Kommentarf­unktion des sozialen Netzwerks nachfragen.

Während es inzwischen viele Online-Fitnessang­ebote gibt, stechen die „Corona-Aktivisten“mit ihrem Programm abseits vom Sport hervor. Denn bei ihnen geht es auch um die mentale Gesundheit und Unterhaltu­ng.„Wir hatten in unserem Freundes- und Bekanntenk­reis viel Panik wahrgenomm­en, da war so eine düstere Grundstimm­ung“, erzählt Sven Kleibrink. Und genau da wollen die beiden ansetzen. Einerseits mit Meditation, anderersei­ts durch gemeinsame­s Kochen, Bastelstun­den oder Kinderball­ett. Aber auch

DJs, Musiker sowie ein Zauberer gingen bereits auf dem Kanal online. Insbesonde­re der Magier kam bei dem Publikum gut an, da er sogar einzelne Zuschauer perVideosc­halten in sein Programm integriert­e. Bis zu 500 Zuschauer sind bei diesen Events dabei; aber auch die frühmorgen­dlichenYog­astunden locken regelmäßig rund 200 Nutzer an ihre Smartphone­s. „Wir hätten niemals mit so einer Resonanz gerechnet“, sagt Sven Kleibrink.

Die beiden haben aber nicht nur die Zuschauer im Sinn, sondern auch die vielen Trainer und Künstler, die sich an dem Projekt beteiligen. Denn ob diejenigen dort regelmäßig oder einmalig auftreten, bleibt jedem selbst überlassen. So ist der Kanal für manche die Chance, einmal auszuprobi­eren, ob eine Dienstleis­tung auch digital funktionie­rt, Mit der Erfahrung lässt sich dann gegebenenf­alls ein eigenes Angebot starten. So war es beispielsw­eise bei der Tanzschule Dresen, die nach einer Probestund­e bei den„Corona-Aktivisten“nun auf ihrer Webseite Online-Tanzkurse anbietet.

Sobald sich die Lage entspannt und das öffentlich­e Leben wieder zunimmt, wollen die Kleibrinks ihr Projekt beenden. Das muss jedoch nicht bedeuten, dass damit auch die Angebote der Trainer und Künstler wegfallen. „Wer weiß, vielleicht stößt es ja etwas an.“

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FOTO: CORONA-AKTIVISTEN Vanessa (oben v.l.), Isa und Alice; Larissa (unten v.l.), Sven und Kathleen. Sie betreiben den Instagram-Kanal der „Corona-Aktivisten“.

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