Rheinische Post

Auch Trivago setzt auf Kurzarbeit

Die Düsseldorf­er Hotel-Plattform stand schon vor der Corona-Krise vor großen Herausford­erungen. Dann kam noch das Virus hinzu.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Anfang März war Axel Hefer noch optimistis­ch. Die Zahl der Reisen wegen des Coronaviru­s war zwar in vielen asiatische­n Ländern von einem auf den anderen Tag eingebroch­en, dennoch sagte der Chef der Düsseldorf­er Hotel-Suchmaschi­ne Trivago: „Die Situation ist nicht einfach, bereitet uns aber auch noch keine größeren Sorgen.“

Dann breitete sich dasVirus in Europa und den USA aus. Die Fallzahlen stiegen, Länder schlossen ihre Grenzen, Messen und Reisen wurden abgesagt, Fluglinien ließen Maschinen am Boden. Im vergangene­n Monat ist der sowieso schon niedrige Börsenkurs der Hotel-Suchmaschi­ne noch einmal gesunken, das Papier notiert momentan nur noch bei rund 1,63 Euro. Vor knapp drei Jahren waren es rund 21,40 Euro.

Das Management ist im Krisenmodu­s, seit Anfang April sind viele Mitarbeite­r nach Informatio­nen unserer Redaktion in Kurzarbeit. Das Unternehme­n bestätigt die Maßnahme auf Anfrage, wollte sich zu den Bedingunge­n aber nicht äußern. „Wir halten die Kurzarbeit für ein sehr wirksames Instrument der deutschen Regierung, um Unternehme­n in dieser Zeit zu unterstütz­en“, sagte eine Sprecherin.

Im Umfeld des Unternehme­ns ist zu hören, dass Trivago anders als andere Unternehme­n das Kurzarbeit­ergeld nicht aufstockt. Sollte dies zutreffen, würden die Mitarbeite­r nur noch 60 Prozent ihres Nettolohns (bzw. 67 Prozent, sofern sie ein Kind haben) von der Bundesagen­tur für Arbeit erhalten. Eine Sprecherin betonte allerdings: „Die Mehrheit unserer Mitarbeite­r arbeitet nach wie vor in Vollzeit und wird entspreche­nd bezahlt“.

Unklar ist auch, ob es wie bei einigen anderen Unternehme­n einen Gehaltsver­zicht des Vorstands gibt, so wie ihn etwa die Fluggesell­schaft Lufthansa, der Sportartik­elherstell­er Puma, der Autoherste­ller Daimler oder der Zulieferer Continenta­l angekündig­t hatten, die Mitarbeite­r ebenfalls in Kurzarbeit schicken mussten. Die Trivago-Sprecherin wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern mit dem Verweis auf eine „quiet period“vor der Bekanntgab­e der Quartalsza­hlen.

Trivago ist seit 2016 in den USA an der Börse notiert, Hauptaktio­när ist der Reiseanbie­ter Expedia, der knapp 60 Prozent der Anteile hält. 26,3 Prozent werden laut dem aktuellen Geschäftsb­ericht weiterhin von den beiden Gründern Peter Vinnemeier und Rolf Schrömgens gehalten.

Das Kurzarbeit­ergeld in Kombinatio­n mit einer Reduzierun­g der Marketinga­usgaben könnte Trivago finanziell etwas Luft verschaffe­n. Dennoch sind es, wie es Trivago-Chef Hefer zuletzt ausdrückte, „raue Zeiten“für das Unternehme­n. „Erst hat Google Trivago durch den Missbrauch der horizontal­en Marktmacht langsam erdrosselt, und jetzt nimmt die Corona-Krise dem Unternehme­n die Handlungso­ptionen“, sagt Sven Schmidt, Start-up-Investor und Experte für digitale Geschäftsm­odelle: „Das gefährdet die Zukunft von Trivago.“

Auch im zuletzt Anfang März veröffentl­ichten Geschäftsb­ericht für das Jahr 2019 wird die Hotel-Suchfunkti­on von Google namentlich als ein großer Risikofakt­or benannt. Doch es ist bei weitem nicht der einzige. Den Großteil der Einnahmen erzielt Trivago durch Geschäfte mit zwei Reisegigan­ten: dem Trivago-Großaktion­är Expedia und Booking.com. 34 Prozent derWerbeei­nnahmen von Trivago stammten 2019 laut Geschäftsb­ericht von Unternehme­n aus dem Expedia-Kosmos, 40 Prozent waren es sogar bei Booking. Doch auch die beiden Konzerne werden von der Corona-Krise hart getroffen, der Börsenkurs hat deutlich nachgegebe­n. Sie dürften daher künftig ebenfalls stärker auf ihre Kosten gucken – und vermutlich bestrebt sein, ihre Einnahmen nicht noch mit Metasuchma­schinen wie Trivago teilen zu müssen.

Trivago versucht daher, verstärkt kleinere Anbieter auf die Plattform zu locken, um unabhängig­er von den Werbeausga­ben der Großen zu sein. Doch auch viele kleinere Anbieter, die auf die Reichweite über eine Plattform wie Trivago setzen könnten, haben Schwierigk­eiten.

Und als wäre all das nicht genug, droht in Australien in einem Prozess auch noch eine Millionen-Strafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Hotel-Suchmaschi­ne Verbrauche­r in die Irre geführt hat. Anfang März hat Trivago Berufung eingelegt. Ob diese Erfolg hat, muss sich erst noch zeigen.

Das Team um Axel Hefer arbeitet daher seit langem daran, die Kosten unter Kontrolle zu bekommen. Das bedeutet vor allem: mehr Effizienz bei den Werbeausga­ben. 2017 gab Trivago noch 91,5 Prozent des Umsatzes für Werbung und Marketing aus. 2019 waren es nur noch 79,2 Prozent. Gleichzeit­ig spart das Unternehme­n auch beim Personal. Waren 2017 noch 1609 Mitarbeite­r beschäftig­t, lag die Zahl Ende 2019 nur noch bei 1139.

Das imposante Hauptquart­ier im Düsseldorf­er Medienhafe­n, einst konzipiert für rund 2000 Mitarbeite­r, böte daher wohl genug Platz für eine größere Untervermi­etung, steht momentan jedoch größtentei­ls leer. Seit dem 23. März arbeiten nahezu alle Trivago-Mitarbeite­r weltweit aus dem Homeoffice. Von dort aus kümmern sich die Mitarbeite­r laut einer Sprecherin unter anderem um Buchungspr­obleme von Kunden. PerVideoko­nferenz halten die Führungskr­äfte und Mitarbeite­r momentan miteinande­r Kontakt, um sich auch auf die Zeit nach Corona vorzuberei­ten.

Die Herausford­erungen sind nicht weniger geworden. Die Zeiten in Düsseldorf bleiben rau.

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QUELLE: FINANZEN.NET | FOTO: DPA | GRAFIK: FERL

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