Der Ferienflieger steht vor dem Aus, nachdem der Verkauf gescheitert ist. Gewerkschaften drängen auf einen Einstieg des Bundes. Dann würde Condor mit dessen Hilfe gegen Lufthansa und Tui antreten, die selbst auf Staatshilfe setzen.
OBERURSEL/DÜSSELDORF Zuerst hatte Condor Riesenpech, dann etwas Glück, jetzt kommt die Corona-Katastrophe hinzu: So lässt sich die Lage von Deutschlands bekanntestem Ferienflieger zusammenfassen. Im Herbst erhielt das Unternehmen aus Oberursel vom Bund und vom Land Hessen einen Kredit über 380 Millionen Euro, um den Winter durchzuhalten, nachdem Inhaber Thomas Cook in Konkurs gegangen war. Dann konnte Condor-Chef Ralf Teckentrup im Februar verkünden, er habe PGL, die Muttergesellschaft der staatlichen polnischen Airline Lot, als neuen Eigentümer gefunden. Doch weil die PGL selbst angeschlagen ist, ist der Kauf nun geplatzt. Ärgerlich für Teckentrup, den Staat und die 4900 Mitarbeiter von Condor: Das Geld für die Rückzahlung des Staatskredites fehlt nun. Und Condor braucht viele weitere Millionen, um bis zum Spätsommer/Herbst durchzuhalten, wenn sich der Urlaubsverkehr möglicherweise etwas normalisiert.
Die Krise von Condor bringt Bundesregierung und hessische Landesregierung in eine schwierige Lage. Zwar ist unstrittig, dass die Airline ebenso wie viele andere Unternehmen vorrangig wegen der Corona-Krise ins weitere Schlingern geraten ist. Der Ferienverkehr für Ostern ist weggefallen, für Sommer gibt es nur wenige Buchungen. Also macht ein Überbrückungskredit der Förderbank KfW Sinn. Auch eine Stundung der bisherigen Staatsschuld in Höhe von 380 Millionen Euro wäre nicht ausgeschlossen. Condor versucht zudem, wenigstens einen Teil der aus Polen erwarteten Zahlung trotzdem zu erhalten. Außerdem bringen Heimholflüge,
Airlines halbieren ihr Geschäft in diesem Jahr
Prognose Der Umsatz der Airlines bricht global dieses Jahr um 55 Prozent zusammen, prognostizierte der Weltluftfahrtverband IATA am Dienstag.
Folge Das führt zu einem Umsatzeinbruch von 287 Milliarden Euro und gigantischen Verlusten.
Transporte für Erntehelfer sowie einige Frachtflüge wenigstens etwas ein. Die Mitarbeiter sind seit Anfang April in Kurzarbeit. Die große Frage ist nun, ob der Staat direkt oder indirekt als Eigentümer bei Condor einsteigt. Es gäbe„verschiedene Optionen für die zukünftigen Eigentumsverhältnisse wie beispielsweise eine Treuhänderstruktur“, sagt eine Condor-Sprecherin.
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) und die Gewerkschaft der Flugbegleiter (Ufo) setzen sich dafür ein, dass die Politik Condor unterstützt. Der Flugbetrieb der Airline mit ihren rund 50 Jets stehe auf„grundsoliden Füßen“, sagt Janis Schmitt, Sprecher der Vereinigung Cockpit. Gemeint ist, dass Condor in guten Zeiten im operativen Geschäft Gewinne machte, Geld für eine Modernisierung der Flotte fehlte trotzdem.
Der Staat sollte sich an Lufthansa und an Condor beteiligen, sagt Ufo-Sprecher Nicoley Baublies. Es wäre ein „fatales Signal“, wenn der Staat als erster Gläubiger der Condor den Saft abdrehe, ergänzt er. Im
Klartext: Bund und Land Hessen erhalten als Gegenleistung für die 380 Millionen Euro an bereits gewährtem Kredit die Mehrheit am Unternehmen.
Das große Problem wäre nur, dass der Staat sich dann an mehreren Unternehmen beteiligen würde, die in hartem Wettbewerb miteinander stehen. Zudem hat der Bund bereits angekündigt, den Tourismuskonzern Tui mit 1,8 Milliarden Euro an Kredit zu unterstützen. Zu diesem gehört auch die Tuifly mit 40 Jets in Deutschland. „Sollte sich der Staat an allen drei Unternehmen beteiligen oder sie stark unterstützen, stellt sich die Frage, wie der Staat mit dem Wettbewerb untereinander umzugehen plant“, sagt der Airline-Experte Gerald Wissel. Sein Argument:Weil der Luftverkehr in den nächsten Jahren allen Prognosen zufolge deutlich unter den bisherigen Werten liegen wird, droht ruinöser Preiswettbewerb bei Tickets, das Staatsgeld wäre verloren. Wissel: „Bei allen nachvollziehbaren Bemühungen des Staates, Lufthansa, Tui inklusive Tuifly sowie Condor und alle damit verbundenen Jobs retten zu wollen, sollte berücksichtigt werden, dass bei deutlich geringerer Nachfrage auch nach der Krise ein Überangebot zu Lasten aller gehen kann.“
Gewerkschafter Baublies fordert, Vertreter eines künftigen Eigentümers Bund sollten bei Condor und der Lufthansa durchsetzen, dass die Ticketpreise nicht sinken. Tatsächlich aber müssen sich Lufthansa und Condor gegen viele andere Konkurrenten wie Easyjet, Ryanair oder Air France behaupten. Ergebnis: Die von Baublies erhoffte Planwirtschaft würde auf Dauer nur das Ende von Lufthansa und Condor herbeiführen.