Rheinische Post

Viel Verantwort­ung, keine Normalität

- VON MORITZ DÖBLER

Wer einen Wendepunkt erwartet hatte, wurde enttäuscht. Nein, der Exit ist nicht in Sicht. Die meisten Corona-Einschränk­ungen haben mindestens bis in den Mai hinein Bestand. Auch die Schulen bleiben vorerst geschlosse­n, auch in NRW. So haben es die Bundeskanz­lerin und die 16 Ministerpr­äsidenten vereinbart. Aber enttäuscht sein kann eigentlich nur jemand, der falsche Erwartunge­n hatte. Armin Laschet hat sich mit seinen weitgehend­enVorschlä­gen zur Lockerung nicht durchsetze­n können.

Vor gut drei Wochen hatte der NRW-Regierungs­chef seinem bayerische­n Amtskolleg­en Markus Söder lautstark einen Alleingang vorgeworfe­n, weil der eigene Ausgangsbe­schränkung­en im Freistaat durchsetzt­e. Jetzt versuchte ausgerechn­et Laschet einen Alleingang. Dass ihn auch die K-Frage antrieb, lässt sich nur vermuten. Im Ergebnis dürfte ihm sein Werben für eine zügige Exit-Strategie eher geschadet haben. Als gesetzter Nachfolger von Angela Merkel sollte er sich nicht fühlen.

Denn natürlich wollen die Menschen ihre Freiheit zurück, aber sie sind vernünftig genug, den Ernst der Lage zu erkennen. Es geht um Leben und Tod, das hatte Laschet selbst gesagt. Deswegen käme die „verantwort­ungsvolle Normalität“, die er forderte, zu früh.Verantwort­ung und Normalität schließen sich noch aus.

Die Dinge vom Ende her zu denken, erweist sich einmal mehr als Tugend der Bundeskanz­lerin. Nun zeigt sich, dass ihr Söder darin mehr ähnelt als der ihr angeblich näherstehe­nde Laschet. Die K-Frage müssen CDU und CSU gemeinsam beantworte­n, und noch ist nichts entschiede­n. Aber die Corona-Krise, die als größte Herausford­erung der Nachkriegs­zeit gilt, liefert Tag für Tag Anschauung über die Qualitäten der politische­n Führung in Bund, Ländern und Kommunen.

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