Abitur zu Zeiten von Corona
Die Umstände, unter denen ich, genau wie 350 000 andere Abiturientinnen und Abiturienten, mich vorbereiten soll, sind nicht die besten. Für eine optimale Vorbereitung sind ein Zimmer zum Lernen, ein Laptop zum Recherchieren und eine angenehme Lernatmosphäre wichtig. Aber nicht alle von uns haben ein solches Zimmer und einen uneingeschränkten Internetzugang. Wir sind auf Lernräume wie Bücherhallen oder die Staatsbibliothek angewiesen. Hinzu kommt, dass nicht alle einen Laptop haben, mit dem sie sich Informationen beschaffen können, geschweige denn einen Drucker.
Es ist äußeren Umständen geschuldet, dass diese Schülerinnen und Schüler, zu denen auch ich mich zähle, sich nun nur bedingt auf die Abitur-Prüfungen vorbereiten können. Und nicht nur materielle Ungleichheit erschwert das Lernen. Nicht alle sind psychisch stabil genug, um sich auf das Lernen konzentrieren zu können. Die unsichere Situation lässt Fragen aufkommen, die niemand so recht beantworten kann. Dass es keine Antworten gibt, verstärkt die Unsicherheit noch.
Das Abitur legt den Grundstein für unsere Zukunft. Ohnehin ist es für einige einfacher als für andere. Einige kommen aus eher bildungsfernen Haushalten, andere aus AkademikerFamilien. Nun spitzt sich die Lage weiter zu und die Chancenungleichheit ist zum Greifen nah. Und ebendiese Chancenungleichheit prägt die Qualität des Abiturs. Ich habe kein eigenes Zimmer und auch sonst keine ruhige Ecke zum Lernen. Ich kann daran nichts ändern. Jetzt soll die soziale Ungleichheit, die unsere Vergangenheit bestimmt hat, durch erschwerte Vorbereitungsbedingungen auf unser Abitur auch noch unsere Zukunft bestimmen? Ein Teufelskreis.
Mit schlechten Abiturnoten können nicht alle Studiengänge belegt werden. Ein schlechtes Abitur ist auch nicht die besteVoraussetzung für eine gute Zukunft. Diese endlose Spirale der sozialen Ungleichheit geht weiter. Und das Einzige, was mir Hoffnung gab, nämlich das Abitur, ist nun auch in Gefahr. Der Gedanke, dass der AbiSchnitt hätte besser sein könne, wird uns immer verfolgen …