Spahn will in Kliniken zur Normalität zurück
Der Gesundheitsminister hält die Corona-Krise für „wieder beherrschbar“. Im Mai soll der übliche Operationsbetrieb wieder aufgenommen werden.
BERLIN Stolz und Erleichterung sind dem Bundesgesundheitsminister anzumerken am Freitagmorgen vor der Hauptstadtpresse. Die Regierung habe sich in der Corona-Krise für eine„Vollbremsung“entschieden, die durchaus von manchen Wirtschaftsvertretern für übertrieben gehalten wird. „Nun können wir sagen, das war erfolgreich“, sagt Jens Spahn. Der Ausbruch der Epidemie sei „wieder beherrschbar“, die Zahl der Neuinfizierten sinke, die der Genesenen liege seit dem 12. April höher. Viele ausländische Amtskollegen hätten ihn gefragt, wie Deutschland das hinbekomme, berichtet der CDU-Politiker. Er verweist auf das Gesundheitssystem, die hohe Zahl der Fachkräfte und das Zusammenspiel zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Sechs von sieben Corona-Patienten könnten in Praxen behandelt werden, die Kliniken sich auf die schwierigen Fälle konzentrieren.
Infektionsgeschehen Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, spricht von einem „wirklich guten Zwischenergebnis“. So habe sich der tägliche Anstieg der Fallzahlen verlangsamt.
Momentan liege die Reproduktionszahl nur noch bei 0,7, zu Beginn der Krise betrug sie noch drei bis vier. „Das heißt, dass im Durchschnitt aktuell nicht mehr jede Person, die infiziert ist, eine andere Person ansteckt.“Gleichwohl meldeten die Gesundheitsämter immer noch mehr als 3000 Fälle pro Tag. Auch nehme die Zahl der Todesfälle zu. Der Anteil der Verstorbenen an allen gemeldeten Fällen liege jetzt bei 2,9 Prozent. 30 Prozent der Intensiv-Fälle würden sterben. Zudem erkranke immer mehr medizinisches Personal. Die Zahl sei um sechs Prozent gestiegen gegenüber der Vorwoche. Bei den Behandlungskapazitäten gebe es keine Engpässe. Stand Mitternacht seien rund 134.000 Covid-19-Fälle bekannt gewesen, 3380 mehr als am Vortag. Es seien 3868
Todesfälle registriert worden. Mehr als 81.000 Menschen seien genesen.
Kliniken In den Krankenhäusern will Spahn ab Mai schrittweise zum Normalbetrieb zurückkehren. Geplante Operationen sollten ab dann nicht mehr aufgeschoben werden. Für Covid-19-Patienten sollten ab Mai noch 25 bis 30 Prozent der Intensivbetten vorgehalten werden.
Corona-Tests Die Labore könnten mittlerweile rund 700.000 Tests pro Woche durchführen, doch tatsächlich seien es erst 350.000, berichtet Spahn. Sein Ziel sei, in den nächsten Wochen die Kapazitäten voll auszuschöpfen. Neun Prozent der Tests lieferten positive Ergebnisse, so Wieler.
Schutzmasken Für die Produktion medizinischer Schutzmasken im Inland seien Zuschläge an rund 50 Unternehmen erteilt worden, berichtet Spahn. Damit sollten ab Mitte August pro Woche zehn Millionen FFP2-Spezialmasken und 40 Millionen OP-Masken hergestellt werden. So lasse sich der Grundbedarf im Gesundheitswesen decken.
Impfstoff Die Präsidenten des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts, Karl Broich und Klaus Cichutek, berichten von Fortschritten bei der Erforschung von Medikamenten und Impfstoffen. In drei Monaten würden Ergebnisse von mehreren klinischen Tests für Medikamente vorliegen, sagt Broich. Seien die erfolgreich, könnten die Mittel schnell zugelassen werden. Vier Impfstoffe würden in Kürze auch in Deutschland erprobt, so Cichutek. Deutsche Unternehmen und Forscher seien „ganz vorne am Ball“. Bisher wird frühestens gegen Jahresende ein Impfstoff erwartet.