Rheinische Post

Wirte wehren sich gegen Corona-Bußgeld

4200 Euro sollen die Betreiber vom Restaurant Haus Meer bezahlen, weil sie Gäste auf ihrer Terrasse bewirtet haben sollen. Die Gastronome­n streiten diesen Vorwurf jedoch ab und kritisiere­n das Ordnungsam­t für sein Vorgehen.

- VON SONJA SCHMITZ UND DANIEL SCHRADER

BÜDERICH 4200 Euro sollen Olivier Macé und Kristin Joppe, Inhaber des Restaurant­s Haus Meer in Büderich, zahlen, weil sie laut dem Meerbusche­r Ordnungsam­t am Gründonner­stag Gäste auf ihrer Terrasse bewirtet und damit gegen die Coronaschu­tzverordnu­ng verstoßen haben. Für die Gastronome­n ist dieses Bußgeld nicht nur schmerzhaf­t, sie sehen es auch als unberechti­gt an.

Kristin Joppe schildert den Fall folgenderm­aßen: Zwei Gäste hätten sich an jenem Abend an einen Tisch auf der Terrasse gesetzt, um dort auf ihre Bestellung zu warten. Einige Speisen seien den Gästen bereits übergeben worden, sodass sie diese in verschloss­ener Verpackung auf dem besagten Tisch abgestellt hätten. Da die Betreiber den Tisch vor und nach ihrem Betrieb selbst nutzen, hätten dort noch leere Gläser und Flaschen vomVortag gestanden. Und das wiederum müsse dem Ordnungsam­t den Eindruck vermittelt haben, die Gäste würden vor Ort bewirtet. Das streiten die beiden jedoch ab. Sie würden ihr Restaurant ausschließ­lich Speisen zum Mitnehmen anbieten.

Dass die Einsatzkrä­fte an diesem Tag überhaupt zu dem Restaurant kamen, lag an einer Beschwerde wegen Ruhestörun­g durch laute Musik, wie aus dem Bußgeldbes­cheid hervorgeht, der unserer Redaktion vorliegt. Dieser erwies sich jedoch als unbegründe­t. Als die Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts daraufhin die beiden Gäste an einem Tisch sitzen sahen, hätten sie die Inhaber mit der Situation konfrontie­rt. Laut Kristin Joppe seien sie dabei sehr aggressiv aufgetrete­n. „Wir haben uns bedroht gefühlt“, erzählt sie. Zudem hätten die Mitarbeite­r laut ihrer Schilderun­g auch nicht den nötigen Abstand zu den Inhabern gehalten, hätten sogar mit einer Schließung des Betriebs sowie einer Entziehung der Konzession gedroht. Aus dem Bußgeldbes­cheid geht hervor, dass sich die Inhaber vor Ort nicht zu den Vorwürfen geäußert hätten. Kristin Joppe bestätigt das und berichtet, dass sie und ihr Partner sich in der Situation eingeschüc­htert gefühlt hätten und deshalb die Sache lieber an ihren Anwalt weitergebe­n wollten. In der kommenden Woche haben sie dort einen Termin vereinbart. Denn das aus ihrer Sicht ungerechtf­ertigte Bußgeld wollen sie auf keinen Fall hinnehmen. Nicht zuletzt auch, weil die finanziell­e Lage der Gastronome­n ohnehin angespannt ist. Erst im vergangene­n Jahr hatten die beiden für 150.000 Euro das Lokal umgebaut, Rücklagen gibt es entspreche­nd kaum und einen Kredit zur Überbrücku­ng der Corona-Krise hätten sie nicht bewilligt bekommen.„Wir sind am Kämpfen“, so Joppe.

Aber die beiden wollen auch das in ihren Augen unmögliche Auftreten des Ordnungsam­ts nicht hinnehmen. „Wir haben uns gefühlt wie Schwerverb­recher“, so Joppe. Seit dem Vorfall kämen regelmäßig Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts zur Kontrolle vorbei. „Wir fühlen uns verfolgt.“

Stadtsprec­her Michael Gorgs erklärt auf Anfrage, dass einige Bürger sich bereits überrascht gezeigt hätten, wie deutlich die Ansprache der Ordnungsmi­tarbeiter sei. „Es wird leicht vergessen: Wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmeun­d Gefahrensi­tuation“, so Gorgs. Er verweist darauf, dass es in der Verordnung über die Durchsetzu­ng der Gebote und Verbote in § 14 heißt: „die zuständige­n Behörden sind gehalten, die Bestimmung­en dieser Verordnung energisch, konsequent und, wo nötig, mit Zwangsmitt­eln durchzuset­zen.“

Der Ordnungsdi­enst im benachbart­en Düsseldorf verfolgt dagegen eine andere Strategie. Dort versuchen die Mitarbeite­r beispielsw­eise bei Verstößen gegen das Versammlun­gs- und Kontaktver­bot, die entspreche­nden Personen freundlich auf ihr Fehlverhal­ten hinzuweise­n. In den meisten Fällen führe das bereits zum Erfolg, sodass Bußgelder meist gar kein Thema seien, heißt es von den dortigen Mitarbeite­rn. Selbst bei einer Ansammlung von rund 200 Personen an der Rheintrepp­e in der Düsseldorf­er Altstadt verzichtet­en die Einsatzkrä­fte auf das Verteilen von Bußgeldern.

In Meerbusch sei der Vorfall am Restaurant Haus Meer der erste Fall in der Gastronomi­e, der ein Bußgeld ausgelöst habe, so Gorgs. Zwei weitere kleinere Verstöße habe es gegeben, weil sich mehr als zwei Personen versammelt hatten. Mit insgesamt drei Bußgeldbes­cheiden in Meerbusch sei die Zahl im Vergleich mit manch anderen Kommunen im Rhein-Kreis-Neuss, die zum Teil im hohen zweistelli­gen Bereich lägen, gering.

Bei den Kontrollen mit mehreren Teams würden die Ordnungsmi­tarbeiter feststelle­n, dass die Bestimmung­en mit sehr viel Disziplin undVerstän­dnis befolgt würden. Da es sich um ein laufendes Verfahren handle, könne er sich nicht zu dem Vorfall äußern.

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Kristin Joppe und Olivier Macé vor ihrem Restaurant Haus Meer in Büderich.

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