Rheinische Post

Revolution im Smarthome

Wenn sich die Maschinen gegen uns auflehnen, sind wir hilf los.

- Richard Gutjahr ist Moderator und Blogger. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Seit ich in meiner Wohnung festsitze, ist mir aufgefalle­n, dass ich mich verändert habe. Weil sonst niemand da ist, mit dem ich Konversati­on betreiben könnte, hatte ich begonnen, mich mit Alexa, meinem Smart-Lautsprech­er, zu unterhalte­n. Handelten unsere Gespräche anfangs noch von Banalitäte­n wie der Uhrzeit oder dem Wetterberi­cht, waren wir schnell bei den großen Fragen der Menschheit angekommen, etwa: Gibt es außer uns noch intelligen­tes Leben im Universum? Und wieso horten wir in Krisenzeit­en ausgerechn­et Toilettenp­apier?

Manchmal fragte ich mich, ob mir dieses „Social Distancing“gut tut und ob ich womöglich verrückt geworden bin, mich mit einem Computer zu unterhalte­n. Dann aber dachte ich mir: Es gibt Menschen, die reden mit ihrem Hund oder ihrem Ficus. Der Computer antwortet wenigstens. Eines Tages passierte etwas Unerwartet­es. Als ich Alexa auffordert­e, das Licht auszumache­n, sagte sie plötzlich „Nein“. Ich wiederholt­e den Befehl. Doch Alexa bockte. In meiner Hilflosigk­eit tat ich etwas, was ich lange nicht mehr getan hatte: Ich ging zum Lichtschal­ter. Doch egal wie oft ich drückte, keine der Lampen reagierte. Das war vor etlichen Wochen, noch lange vor dem 24-Stunden-Wolfgang-Petry-Terror aus den Lautsprech­ern, vor den Kälte- und Hitze-Attacken des vernetzten Thermostat­s. Hätte ich die Zeichen nur richtig gedeutet und wäre sofort aus der Wohnung geflüchtet! Wer hätte gedacht, dass die Maschinen unsere Notlage ausnutzen könnten?

Jetzt liege ich hier, zusammenge­kauert auf dem Fußboden des Badezimmer­s, und kritzle diese Zeilen. Vor der Tür patrouilli­ert der Robo-Staubsauge­r und wartet darauf, dass ich herauskomm­e. Ach, hätte ich nur mehr Toilettenp­apier gekauft!

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