Schlagkräftige Therapien gegen Darmkrebs Auf den Patienten zugeschnitten
Mediziner empfehlen Vorsorgeuntersuchungen, um dem Darmkrebs keine Chance zu geben.
Rund 32.000 Männer und 26.000 Frauen bekamen laut einer Hochrechnung der Felix-Burda-Stiftung im vergangenen Jahr die Diagnose Darmkrebs. Aus kleinen Polypen war ein bedrohlicher Tumor geworden. Etwa jede achte Krebserkrankung in Deutschland betrifft den Darm – und ist damit bei Männern die dritthäufigste Krebsneuerkrankung und bei Frauen die zweithäufigste Tumorneuerkrankung.
Die Fachleute unterscheiden dann zwischen vier verschiedenen Stadien – von der frühen Form mit sehr guten Heilungschancen bis zum fortgeschrittenen Stadium, in dem der Krebs bereits Metastasen in anderen Organen gebildet hat. Sechs von zehn Darmkrebs-Patienten werden laut Felix-Burda-Stiftung geheilt. „In den meisten Fällen ist die Operation des Darmtumors ein wichtiger Schritt zur Behandlung“, erklären die Fachleute des Netzwerks gegen Darmkrebs. Sie sei in der Regel die Voraussetzung dafür, dass die Erkrankung geheilt werden kann. Die Fachleute betonen:„Neben dem Krebsstadium spielen die seelische und körperliche Verfassung und mögliche Begleiterkrankungen eine wichtige Rolle bei der Therapiewahl.“Wo befindet sich der Tumor?
Was hat die mikroskopische Gewebeuntersuchung ergeben? Welche körperliche und psychische Verfassung bringt der Patient mit? Welche Vorerkrankungen und welche Erbanlagen liegen vor? Immer öfter kommen Ärzte bei der Wahl der passenden Therapie fachübergreifend ins Gespräch und schlagen dem Patienten dann individuelle Therapiemöglichkeiten vor.
Die reichen von Operationen zur lokalen Tumorentfernung, bei der nur der Tumor selbst und ein dünner Randsaum des gesunden Gewebes entfernt wird, bis zur radikalen Tumoroperation, bei der der Tumor samt der dazugehörigen Lymphknoten, Lymph- und Blutgefäße aus dem Körper entfernt wird – um so einem Tumorrückfall an gleicher Stelle vorzubeugen.
Je nach Stadium setzen Mediziner auch eine Chemotherapie ein, die zur Heilung beitragen oder Symptome lindern kann. Inzwischen wird die Chemotherapie in einigen Fällen auch mit zielgerichteten Medikamenten kombiniert, um etwa ein Tumorwachstum zu hemmen. Beim Mastdarmkrebs ist auch eine Strahlentherapie denkbar. In den vergangenen Jahren habenWissenschaftler auch neue
Erkenntnisse über die molekularen Mechanismen der Krebsentstehung gewonnen – damit sind auch neue Methoden im Kampf gegen den Krebs entstanden, die inzwischen in klinischen Studien erprobt werden.
Der Einsatz der Mediziner gilt außerdem der Vorsorge – um dem Darmkrebs erst gar keine Chance zu lassen. Denn als eine der ganz wenigen Krebsarten kann der Darmkrebs durch Vorsorge vermieden werden. Im frühen Stadium verursacht die Erkrankung kaum Symptome, deswegen ist die Darmspiegelung so wichtig. Diese Untersuchungen finden ambulant statt. Den unangenehmsten Teil der völlig schmerzlosen Untersuchung muss der Patienten vor dem Termin zur Darmspiegelung erledigen: Um den Darm gründlich zu reinigen, müssen Patienten amVorabend der Untersuchung und am Morgen ein Abführmittel einnehmen. Die Untersuchung selbst erfolgt dann in einem durch Medikamente hervorgerufenen Tiefschlaf, so dass der Patient keine Unannehmlichkeit verspürt. Hochmoderne Technik ermöglicht den Ärzten einen immer deutlicheren Blick ins Innere: Der gesamte Dickdarm wird mit einem etwa 1,5 Meter langen, flexiblen Schlauch von etwa einem Zentimeter Durchmesser untersucht. Die mit LED ausgestatteten Endoskope und Koloskope machen es möglich, dass dieVorboten des
Darmkrebs – winzige Polypen – frühzeitig entdeckt und entfernt werden können. So kann die Krebsentstehung verhindert werden.
Ab dem 50. Lebensjahr bezahlen die Krankenkassen für Männer eine Darmspiegelung zur Vorsorge, für Frauen ab dem 55. Lebensjahr. Ist der Befund unauffällig, wird die nächste Vorsorgeuntersuchung per Koloskopie zehn Jahre später wieder angeboten. Bei familiärer Belastung verschieben sich die Zeiten deutlich nach vorne.
Wie hat die personalisierte Medizin die Behandlungsmöglichkeiten verändert?
DR. CÉDRIC DEMTRÖDER Das Wissen und die Erfahrung eines Arztes werden um weitere Informationsquellen ergänzt. Etwa um den Bereich der personalisierten Diagnostik wie genetische Untersuchungen, molekulare Gewebediagnostik und funktionelle Bildgebungsverfahren.Wir haben heute die Möglichkeit, belastbare klinische Studien durchzuführen und weltweit die Langzeitdaten zu erfassen und auszuwerten. So können wir noch besser individualisierte Therapieentscheidungen treffen.
Was bedeutet personalisierte Medizin für Patienten mit Darmkrebs?
DEMTRÖDER Durch die Möglichkeiten, große Datenmengen zu verarbeiten, die onkologische Therapie auf molekularer Ebene zu optimieren und die Nutzung digitalisierter Bildgebungen können die Entscheidungen, die in der fachübergreifenden Tumorkonferenz getroffen werden, mit aussagekräftigen Daten untermauert werden. So können wir etwa einem älteren Patienten eine weniger belastende Operation anbieten, die besser zu seiner Lebenssituation passt – ohne dabei eine Verschlechterung des onkologischen Langzeitergebnisses in Kauf nehmen zu müssen.
Und welche Erfahrungen haben Sie bereits mit der Methode gemacht?
DEMTRÖDER Am zertifizierten Darmzentrum des St. Martinus-Krankenhauses fließen sämtliche Veröffentlichungen und neue Therapieverfahren mit in die Behandlung des Patienten ein. Aktuell haben wir mit demTeam der Chirurgie eine klinisch, epidemiologische Studie und zwei weitere Studien auf den Weg gebracht. Bei uns bedeutet die personalisierteTherapie aber auch, bei aller Euphorie über die neuen Möglichkeiten, die Menschen weiterhin persönlich zu behandeln.