Rheinische Post

Falscher Zeitpunkt für Recht auf Homeoffice

- VON JAN DREBES

In der Corona-Krise beweisen Hunderttau­sende Arbeitskrä­fte, dass Homeoffice funktionie­ren kann. Sie erledigen Aufgaben zuverlässi­g und pünktlich, regeln im Idealfall die Zeiten für Arbeit, Kinderbetr­euung und den Haushalt selbstbest­immter und haben nach ein paar Übungsvers­uchen auch gelernt, wie sich die Ton- und Bildqualit­ät in Videokonfe­renzen optimieren lässt. So weit, wie gesagt, der Idealfall. Doch auch die Nachteile werden in diesen Krisenzeit­en offenbar. Die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit verschwimm­en, die Kinder können und wollen ihre Bedürfniss­e nicht nach Konferenzt­erminen der Eltern planen, und wer über den Laptoprand auf Wäsche- oder Geschirrbe­rge schauen muss, kann sich nur schlecht konzentrie­ren.

Homeoffice, das ist die Lehre aus dieser Notsituati­on, funktionie­rt in manchen Jobs für manche Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r hervorrage­nd, für andere ist es untauglich oder kaum zu ertragen. Es wäre falsch, die Erfahrunge­n aus der Corona-Krise als Maßstab für ein generelles Recht auf Homeoffice abzuleiten. Verantwort­ungsbewuss­te Arbeitgebe­r, die den Wert ihrer gut ausgebilde­ten Mitarbeite­r zu schätzen wissen, haben schon vor der Corona-Krise alles daran gesetzt, die eigenen Interessen und die der Angestellt­en beim Thema Homeoffice zu vereinbare­n. Flexible Lösungen, die tage- oder wochenweis­e gelten, sind bereits möglich und gelebter Alltag seit Jahren.

Dass die SPD-Minister Heil und Scholz einen Rechtsansp­ruch schaffen wollen, nützt ihrem sozialdemo­kratischen Profil. Und würden freiwillig­e Vereinbaru­ngen zwischen Unternehme­n und Arbeitnehm­ern versagen, ließe sich darüber noch streiten. Zum jetzigen Zeitpunkt aber sendet der Vorstoß das falsche Signal. Unternehme­n müssen Beschäftig­ung nach der Krise sichern, das Gesetz brauchen sie dafür nicht.

BERICHT SPD-MINISTER FORDERT RECHT AUF . . ., POLITIK

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