Rheinische Post

Krötenrett­er setzen sich für Schranke ein

Auf der Grenze zwischen Meerbusch und Kaarst überqueren Tausende Amphibien die Broicherse­ite. Der Aktionskre­is Tierrechte und Naturschut­z setzt sich dafür ein, dass das Durchfahrt­sverbot eingehalte­n wird. Es wird oft missachtet.

- VON SONJA SCHMITZ

MEERBUSCH Wenn in den nächsten Tagen wieder Regen fällt, ziehen Elke Mertens, ihre beiden Kinder und die anderen Mitglieder des Aktionskre­ises für Tierrechte und Naturschut­z ziehen wieder in der Abenddämme­rung los. Bewaffnet mit Taschenlam­pe,Warnweste, Einmalhand­schuhen und Eimern. Oft bis Mitternach­t sind sie im Einsatz, um Kröten, Frösche und Molche zu retten.

Die Amphibien machen sich in dieser Jahreszeit auf den Weg zu nahen Gewässern zum Laichen und einigeWoch­en später auch wieder auf den Weg zurück. Unzählige von ihnen leben im Naturschut­zgebiet „Der Meerbusch“zwischen Meerbusch und Kaarst. Auf ihrem Weg vom Wald zu den fünf Baggerseen, die ihnen als Laichgewäs­ser dienen, queren sie in Massen die„Broicherse­ite“, eine Verbindung­sstraße zwischen der Landstraße L30 und Meerbusch-Bovert. Dabei wurden schon Tausende von Autos überfahren. Der Aktionskre­is setzt sich dafür ein, das zu verhindern, sammelt die Tiere von der Straße auf und setzt sie im Grünen in Richtung ihres Ziels ab.

„Bei Regen laufen die meisten Amphibien. Am ersten großen Tag der Amphibienw­anderung in diesem Jahr, dem 15. Februar, konnten wir abends bei 14 Grad, Sturm und Starkregen 919 Kröten, 20 Molche und 14 Frösche von der Broicherse­ite holen“, berichtet Elke Mertens. Für den öffentlich­en Verkehr ist der 2100 Meter lange asphaltier­te Weg gesperrt. Aber er wird immer wieder gerne von Autofahrer­n als Abkürzung genutzt. 2018 wurde Familie Mertens darauf aufmerksam, dass tausende überfahren­e Amphibien auf der Broicherse­ite lagen.

„Alle 21 Amphibiena­rten in Deutschlan­d sind besonders geschützt, die Kreuzkröte, deren Bestand in NRW als gefährdet gilt, ist sogar streng geschützt“, sagt Elke Mertens. Für sie unverständ­lich, dass nicht mehr getan wird, um diesen Schutz zu gewährleis­ten. Sie und ihre beiden Kinder beschlosse­n, selbst aktiv zu werden und gründeten damals den Aktionskre­is, bei dem sich mittlerwei­le 34 Tierschütz­er aus Meerbusch, Kaarst, Krefeld, Duisburg und Düsseldorf engagieren.„Von Ende Januar bis Mitte April konnte das Team vom Aktionskre­is fast 10.000 Erdkröten (davon gut 2000 Rückwander­er), 931 Molche (davon 34 Rückwander­er) und 204 Frösche (davon 8 Rückkehrer) von der Straße retten“, berichtet die Meerbusche­rin.

In Konflikt geraten sie dabei immer wieder mit Autofahrer­n, die das Durchfahrt­sverbot missachten. Seit Jahren hatte die Stadt Kaarst an den Verbotssch­ildern in Meerbusch und Kaarst eine Barke aufgestell­t und daran das zusätzlich­e Schild: „Anwohner und Zufahrt Hofläden frei“. Ein Freifahrts­schein für alle, die eine Abkürzung fahren wollten, vermutet Mertens. Die Zahl der Autos, die den Weg nutzten, stieg. Kontrollie­rt wurde die Berechtigu­ng nie.

Weil der Großteil der Broicherse­ite zum Kaarster Stadtgebie­t zählt, wandte sich der Aktionskre­is an die Kaarster Stadtverwa­ltung. Dort stieß deren Protest zunächst auf Unverständ­nis. Da der übrige Streckenab­schnitt, der in die Straße Am

Berg übergeht, zu Bovert zählt, und die Naturschüt­zer davon ausgehen, dass viele Autofahrer auch aus Meerbusch den Weg nutzen, informiert­en sie die Stadt Meerbusch ebenfalls über das Problem.

Bei der Stadt Meerbusch immerhin erfuhr Mertens, dass das Durchfahrt­sverbot 1991 erlassen wurde. Grund war die Gefährdung von Fußgängern durch Autos, weil es keinen Seitenstre­ifen für Fußgänger gibt. Das zusätzlich­e Schild ist in diesem Jahr nicht mehr installier­t. Offenbar sorgte diese Änderung bei einigen Autofahrer­n für Unmut. Denn die Barke liegt immer wieder umgeworfen am Straßenran­d.

Dass Durchfahrt­sverbote ignoriert würden, sei auch an anderer Stelle in Meerbusch zu beobachten, erfuhr Mertens von der Stadtverwa­ltung. Für Kontrollen von Durchfahrt­sverboten durch die Kreispoliz­ei, mangele es jedoch an Personal.

Von der Stadt Meerbusch erhofft sich der Aktionskre­is nun auf andere Weise Unterstütz­ung. In Krefeld und Grevenbroi­ch werden Straßen, die für Amphibienw­anderung genutzt werden, vom Abend bis in den Morgen mit einer Schranke gesperrt. Das wünschen sich die Tierretter auch für die Broicherse­ite. „Dann müssten wir auch nur noch die Hälfte der Strecke überwachen.“

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ELKE MERTENS FOTOS: So wie dieses Erdkrötenp­aar überqueren unzählige Amphibien im Frühjahr die Broicherse­ite um zu den Baggerlöch­ern zum Laichen zu gelangen.
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Die Barke vor dem Durchfahrt­sverbot wird oft umgeworfen.

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