Mit Yoga zu mehr Gelassenheit
Lehrerin Vanessa Stilp weiß, wie Menschen ihre Mitte finden können – wichtig auch während der Corona-Krise.
„Wenn alles ruckelt und nichts mehr so ist, wie wir es gewöhnt sind, entsteht oft eine tiefe Sehnsucht nach Ruhe, Stille und Altbekanntem“, sagt Vanessa Stilp. Als Yogalehrerin und Gründerin derYogaschule Om Shanti weiß sie, wie sie Menschen auch während der Corona-Krise helfen kann, ihre Mitte zu finden. „Ungewissheit, Ängste und Sorgen spiegeln sich auch in unserem Körper wider. Als Folge fühlen wir uns angespannt, schwer und antriebslos“, sagt die 35-jährige Düsseldorferin, die ganzheitliches Yoga unterrichtet. Durch die Jahrtausende alte Lebensphilosophie Yoga würden Menschen zurück zu Qualitäten finden können, die„tief in jedem von uns liegen“. Gerade jetzt in der Corona-Krise sei es wichtig, den oft nicht enden wollenden Strom an Gedanken zu unterbrechen und Entspannung zu finden, sagt sie. „Durch Atemübungen und Meditationen entspannt sich unser nervöses und aufgebrachtes System und wir knüpfen an einer Quelle aus Ruhe und Gelassenheit an.“Sanfte Bewegungen in Kombination mit einer tiefen Bauchatmung würden für ein wiedergewonnenes Gefühl von Sicherheit und Vertrauen sorgen können. „Sie helfen uns, wieder klarer zu denken und unseren Fokus auf das Positive zu lenken. So fühlen wir uns gestärkt, ruhig und geerdet.“
Vanessa Stilp präsentiert hier eine Abfolge vonYoga-Übungen zum Mitmachen. „Übungen, die erfrischen und den gesamten Körper ansprechen“, wie sie sagt.
Aufrechter Sitz und Ankommen Zunächst nehme einen aufrechten Sitz ein, setze dich in den Schneidersitz oder auf die Fersen und richte deine Wirbelsäule ihrer natürlichen Form entsprechend auf. Die Kopfeskrone und auch die Spitzen der Ohren ziehen Richtung Himmel und die Schultern dürfen entspannt Richtung Boden sinken. Schließe deine Augen. Komme in eine tiefe Bauchatmung, lege dafür eine Hand auf den Bauch und atme tief und gleichmäßig durch die Nase in den Bauch ein und aus. Nehme zehn bewusste Atemzüge und entspanne die Augen, den Kiefer und die Schultern. Der ruhige Sitz hilft dir anzukommen, die Hüften sanft zu öffnen und das Nervensystem zu beruhigen.
Flankendehnung Mit der nächsten Ausatmung lasse die linke Hand zum Boden sinken und strecke den rechten Arm hoch zum Himmel. Lehne deinen Oberkörper nach links, ohne dass der rechte Sitzbeinhöcker den Boden verlässt, bleibe im Becken gut verankert. Mit jeder Einatmumg schicke Weite in die rechte Flanke, mit jeder Ausatmung lasse dein Becken schwer sinken und entspanne die Schultern weg von den Ohren. Genieße die Dehnung in den Seiten des Körpers. Fünf tiefe Atemzüge halten, dann Seite wechseln.
Katze/Kuh Komme in einenVierfüßlerstand, die Handgelenke stehen unter den Schultern, die Knie sind unter den Hüften platziert, die Finger sind auseinander gefächert. Atme tief in den Bauch ein und lasse den Bauchnabel dabei Richtung Boden sinken, hebe dein Herz sanft durch die Arme nach vorne und blicke in den Raum vor dir (Kuh). Mit der nächsten Ausatmung mache dich ganz rund und schiebe die Schulterblätter auseinander, hebe den Bauchnabel weit nach innen an, das Kinn neigt sich zum Brustbein (Katze). Fließe mit der Atmung zehnmal von der Katze in die Kuh und umgekehrt, beginne die Bewegung immer am Steißbein. Atmung und Bewegung werden miteinander verbunden, der Geist darf sich so beruhigen. Zeitgleich werden die Muskeln auf der Vorderund Rückseite des Körpers abwechselnd gestreckt und angespannt und die gesamteWirbelsäule mobilisiert.
Herabschauender Hund Strecke die Beine und hebe das Gesäß Richtung Himmel an, halte deine Hände stabil mit dem Boden verankert und bringe die Ohren auf Höhe deiner Oberarme. Der Kopf bildet dieVerlängerung deinerWirbelsäule. Die Schulterblätter ziehen auf dem Rücken sanft zueinander und Richtung Gesäß nach oben, so dass sich die Schultern von den Ohren entfernen. Um Länge im Rücken zu generieren, beuge deine Knie sanft, strecke die Sitzbeinhöcker nach hinten und oben, das Gewicht ist gleichmäßig auf Händen und Füßen verteilt. Fünf bis zehn tiefe Atemzüge lang verweilen. Diese Haltung macht wach und erfrischt, dehnt die Rückseite des Körpers, kräftigt die Arme und Schultern. Jede Umkehrhaltung des Körpers hilft uns auf mentaler Ebene, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Krieger II Diese Position ist kraftvoll, stabilisierend und erdend zugleich. Sie stärkt Konzentration und Durchhaltevermögen. Alle großen Muskelgruppen an Beinen, Bauch und Rücken werden angesprochen, die Schultern, der Brustkorb und die Hüfte werden sanft geöffnet und die Atmung kann tief fließen. Drehe den hinteren Fuß in einem Winkel von etwa 90 Grad ein, der vordere Fuß zeigt gerade nach vorne. Drücke den Großzehballen sowie die Außenseite der Ferse an beiden Füßen sanft in den Boden. Das hintere Bein ist gestreckt, während das vordere Bein in einem rechten Winkel gebeugt steht und das Kniegelenk über dem Fußgelenk ausgerichtet ist. Der Oberkörper ist genau über dem Becken aufgerichtet und strebt Richtung Himmel. Die Arme werden auf Schulterhöhe kraftvoll ausgestreckt, der Blick ruht über dem vorderen Mittelfinger. Fünf tiefe Atemzüge halten, dann Seite wechseln.
Krieger III Der Krieger III ist eine Balanceposition und zeitgleich eine sanfte Rückbeuge. Die Fußund Beinmusmuskulatur wird gekräftigt. Die Konzentration und das tiefe Atmen hinterlassen ein Gefühl der Ausgeglichenheit, die sanfte Rückbeuge im Oberkörper wirkt belebend auf Geist und Körper. Für die Ausführung finde einen stabilen Stand mit dem Standbein und halte die Beinmuskulatur angespannt. Es hilft dabei, das Knie minimal gebeugt zu lassen. Drücke deinen Großzehballen und die Außenkante der Ferse gut in den Boden. Hebe das hintere Bein parallel zum Boden in die Luft, der Fuß ist rangezogen und die Innenseite des Oberschenkels zieht sanft Richtung Decke, so dass die Hüfte geschlossen bleibt. Halte beide Beine aktiv. Hebe die Arme neben den Körper, die Schulterblätter ziehen zueinander und die Arme streben nach hinten. Hebe das Brustbein sanft nach vorne an, so dass eine kleine Rückbeuge entsteht. Atme ruhig und tief, um deinem Organismus Sicherheit zu signalisieren und so das Gleichgewicht zu halten. Für mehr Power strecke die Arme nach vorne aus. Bleibe für fünf Atemzüge und wechsel die Seite.
Endentspannung/Totenhaltung Lege dich in die Rückenlage, die Füße dürfen entspannt nach links und rechts fallen, die Arme liegen neben dem Körper mit den Handinnenflächen nach oben. Schließe die Augen und atme dreimal tief durch die Nase ein und durch den Mund aus, dann lasse die Atmung natürlich fließen. Bleibe für fünf bis zehn Minuten bewegungslos liegen. Zieht es im unteren Rücken, lege dir ein Kissen unter die Kniekehlen. Die Totenhaltung steht als Symbol für das Loslassen auf allen Ebenen und neu gewonnene Energie darf sich im Körper verteilen. Eine tiefe Entspannung bei gleichzeitig wacher Wahrnehmung wirkt erfrischend und regenerierend. Stresshormone werden abgebaut, das Immunsystem darf sich stärken und tiefe Ruhe stellt sich ein. Jede Yogapraxis endet mit dieser wohltuenden Endentspannung.