Parteitage in Zeiten von Corona
Zahlreiche politische Treffen sind aufgrund der Virus-Krise abgesagt worden. Nun drohen Probleme mit den Satzungen und der Rechtslage.
BERLIN Wäre die Welt durch ein Virus nicht völlig aus dem Tritt geraten, hätte die politische Öffentlichkeit an diesem Wochenende den finalen Schlagabtausch zwischen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen um den CDU-Vorsitz verfolgt und auch auf die Versuche der AfD geschaut, sich gut sieben Jahre nach der Gründung eine sozialpolitische Programmatik zu geben. Doch beide Parteitage wurden in der Corona-Krise abgesagt. Dasselbe machten FDP und Linke mit ihren für Mai und Juni geplanten Parteitagen.
Viele Sitzungen finden derzeit digital statt. Doch wäre das auch mit ganzen Parteitagen möglich? Bei den anderen Parteien wurde es als cleverer Schachzug gewertet, dass die Grünen mit einem „digitalen Parteitag“vorpreschten, der am nächsten Wochenende über die virtuelle Bühne gehen soll. Bei näherem Hinsehen entpuppte sich das Format jedoch als Parteirat der nächstniedrigeren Beschlussebene, die nur eingeschränkt Beschlüsse fassen kann. Allgemein wird das Parteienrecht so interpretiert, dass rein digitale Parteitage, zumindest mit Wahlcharakter, nicht stattfinden dürfen.
CSU-Generalsekretär Markus Blume kündigte am Wochenende den ersten rein digitalen Parteitag für den 22. Mai an. Tatsächlich hatte der letzte CSU-Parteitag im Oktober beschlossen, dass „virtuelle Parteitage möglich werden“sollen, um eine „digitale Mitbestimmung“als weiteres modernes Instrument der CSU zu schaffen. Mit den Einzelheiten will sich der CSU-Vorstand an diesem Montag befassen und dann an die konkreteVorbereitung gehen.
Die AfD stellt sich darauf ein, auch in diesem Jahr keine speziellen Beratungen zum Sozialprogramm mehr führen zu können.„Wenn dieses Jahr ein Parteitag möglich ist, wird es ein ordentlicher Bundesparteitag sein“, erklärt AfD-Sprecher Bastian Behrens. Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler ist mit den Betreibern verschiedener Hallen im Gespräch. „Es sieht gut aus, dass wir den ursprünglich geplanten Veranstaltungsort in Erfurt auch für den Herbst halten können“, sagt Schindler. DasVerbot vonVeranstaltungen ab 1000 Personen gilt derzeit noch bis Ende August.
FDP-Bundesgeschäftsführer Michael Zimmermann liest aus dem Gesetz heraus, dass digitale Parteitage nicht möglich sind, und verweist darauf, dass etwa bei denWahlen die Kandidaten physisch vor Ort sein müssten. Die Liberalen haben inzwischen neben den digitalen Sitzungen der anderen Gremien auch für die Mitglieder drei weitere digitale Formate etabliert, um die Kommunikation auch in Corona-Zeiten aufrechterhalten zu können. Und beim Parteitag setzt auch Zimmermann darauf, dass dieses Jahr noch einer stattfinden kann. Die FDP hofft, Ende Mai mit konkreten Planungen beginnen zu können.
Knifflig ist die Situation bei der CDU. Eigentlich hatte sich die amtsmüde Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer auf eine Übergabe des Chefpostens Ende April, also an diesem Wochenende, eingestellt. Durch die Absage schmilzt die Wahrscheinlichkeit, dass es überhaupt noch einen Sonderparteitag geben wird. Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig macht darauf aufmerksam, dass im September erst einmal die Kommunalwahl in NRW sein wird, und dann rücke die Partei „immer näher an den ohnehin für Anfang Dezember geplanten ordentlichen Parteitag“heran. Das Delegiertentreffen in Stuttgart werde in der Corona-Krise nach seiner Einschätzung anders aussehen als alle seine Vorgänger „Man wird vermutlich nicht so eng zusammensitzen können, wie es alle gewohnt sind“, sagt Hennewig voraus.