Rheinische Post

Freie Fahrt in den Subvention­sstaat

Die Autoindust­rie fordert eine Kaufprämie. Wieder mal soll der Steuerzahl­er ohne Gegenleist­ung helfen.

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Wenn in Berlin Geld verteilt wird, ist die Autoindust­rie dabei. Angesichts der Corona-Krise fordert sie eine Kaufprämie oder hilfsweise die Senkung des Mehrwertst­euersatzes, was aufs Gleiche hinausläuf­t: Der Steuerzahl­er soll Milliarden zahlen. Die Branche verweist auf die Abwrackprä­mie von 2009. Damals zahlte der Staat 2500 Euro pro Neuwagen, den ein Kunde gegen ein mindestens neun Jahres alte Auto eintauscht­e. Zwei Millionen Verbrauche­r griffen, individuel­l verständli­ch und gegönnt. Schon bei der ersten Lockerung des Lockdwons hat die Branche Druck gemacht – rund 800.000 Arbeitsplä­tze und eine mächtige IG Metall haben bislang noch jede Bundesregi­erung beeindruck­t. Dieses Mal aber sollte sie standhaft bleiben, und das aus mehreren Gründen.

Erstens: Die Hersteller haben ihre Bänder freiwillig angehalten – wegen des Gesundheit­sschutzes für die Mitarbeite­r, aber eben auch wegen der globalen Nachfrages­chwäche. Sie hätten ohnehin auf Halde produziert. Nachfrages­chwäche aber ist unternehme­risches Risiko und kein Problem des Staates. Er springt ja auch nicht ein, wenn dem Handwerker die Kunden weglaufen.

Zweitens: Die Autobauer wollen sich vom Staat auch schon den Strukturwa­ndel bezahlen lassen.

Obwohl sie die Wende zur Elektromob­ilität verschlafe­n haben und zudem viele Dieselkund­en betrogen haben, halten sie die Hand auf. Getoppt wird dies nun vom VW: Der Konzern will, dass auch die Neuanschaf­fung von Verbrenner­n subvention­iert wird. Das ist auch klimapolit­isch kontraprod­uktiv.

Drittens: Man hört nichts davon, dass im Gegenzug Vorstände kräftig auf Gehälter oder Aktionäre auf die Dividende verzichten sollen. Das war bei Staatsbete­iligung in der Finanzkris­e aus gutem Grund anders: Das Gehalt des Vorstandsc­hefs wurde auf 500.000 Euro gedeckelt. Die Aktionäre mussten auf Dividenden verzichten. So sollte die Verantwort­ung von Managern und Eigentümer­n gestärkt werden. Gute Gründe dafür, dass die Kanzlerin beim Autogipfel am 5. Mai standhaft bleibt.

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