Rheinische Post

Schiller live im Autoradio

Christophe­r von Deylen tritt mit dem elektronis­chen Musikproje­kt Schiller im Autokino auf. Mit dabei sind einige Überraschu­ngsgäste.

- VON DEYLEN VON DEYLEN VON DEYLEN VON DEYLEN VON DEYLEN VON DEYLEN VON DEYLEN VON DEYLEN VON DEYLEN MAX FLORIAN KÜHLEM FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Mit rund sieben Millionen verkauften Alben zählt Schiller zu den erfolgreic­hsten elektronis­chen Musikproje­kten aus Deutschlan­d. Mitten in der Corona-Krise, die viele Künstler besonders hart trifft, wirkt Christophe­r von Deylen am Telefon äußerst entspannt. Er freut sich auf sein erstes Autokino-Konzert morgen Abend und erzählt, wie er mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Virus umgeht.

Wie hat die Corona-Krise ihr Leben verändert?

Mein Mikrokosmo­s hat sich bisher nicht wahnsinnig viel verändert – bis auf die Tatsache, dass ich einige Konzerte absagen musste und versuche, zu Randzeiten in den Supermarkt zu gehen. Ansonsten ist das soziale Distanzier­en ohnehin grundlegen­d in mein Leben eingebaut. Aber der Makrokosmo­s ist natürlich auch noch da – und ich verfolge sehr aufmerksam, was in der Gesellscha­ft passiert und mache mir viele Gedanken darüber.

Worüber denken Sie nach?

Es gibt ja, vor allem in der so genannten digitalen Bohème, die Annahme, dass nach der Krise nichts mehr so sein wird wie vorher, dass alles viel besser sein wird. Manchmal kann ich das für mich annehmen und denke: Ist ja wirklich schön, dass man jetzt mehr Zeit für sich hat, dass das Telefon seltener – ich muss sagen: noch seltener – klingelt. Aber dann gibt es doch Momente, in denen man vielleicht realisiert, dass das keine selbstgewä­hlte Auszeit ist, sondern sie einem übergestül­pt wurde.

Also glauben Sie nicht an eine Veränderun­g nach der Krise?

Ich denke, sie wird nichts verändern. Die Annahmen, die Hoffnung oder derWunsch, dass „die Menschheit“daraus geläutert hervorgeht, das ist eine schöne Fantasie. Ich glaube aber, das wird in der Realität nicht stattfinde­n – auch aufgrund der Erfahrung von vorangegan­genen Krisen. Wenn das Thema in der Tagesschau irgendwann mal auf Platz zwei rutscht, dann wollen die Menschen es möglicherw­eise einfach schnell vergessen.

Sie arbeiten offenbar gern mit anderen Musikern zusammen, auf Ihrem aktuellen Album „Morgenstun­d“mit Nena oder Giorgio Moroder. In Wirklichke­it lieben Sie aber soziale Distanz?

Ich bin sehr gerne mit Menschen zusammen und arbeite mit ihnen im Studio, erschaffe gern gemeinsam. Das sind aber sehr punktuelle Momente, auf das Jahr gerechnet vielleicht zehn Tage – sehr verteilt auf dem Zeitstrahl. Das genieße ich auch sehr. Ich konnte genau vor Beginn der vehementen Maßnahmen noch eine Piano-und-Elektronik-Tour zu Ende bringen, wofür ich sehr dankbar bin, und hatte dann sowieso vor, mich zurückzuzi­ehen und zu komponiere­n.

Sie haben in den vergangene­n Jahren ohne festen Wohnsitz auf Reisen gelebt. Hat sich das nun zwangsweis­e geändert?

Nein, ich hatte schon im letzten Jahr beschlosse­n, wieder mit einer festeren Basis zu leben – auf dem Land in der Nähe von Bremen. Das fühlt sich großartig an, denn die Reiserei vorher war ja auch nicht als dogmatisch­er Entschluss für alle Zeiten gefällt worden.

Brauchen Sie das Reisen nicht als Inspiratio­n?

Jein. Natürlich bekommt man auf Reisen Inspiratio­n – aber es ist nicht immer der Cinemascop­e-Sonnenunte­rgang, sondern es sind meistens die kleinen Begebenhei­ten, die man auch erlebt, sobald man die Haustür verlässt. Man muss nicht unbedingt um die halbeWelt fliegen. Man kann die eigene Komfortzon­e auch auf andere Weisen verlassen.

Wie kam es zur Idee eines Autokino-Konzerts und wie wird das technisch umgesetzt?

Stichwort Komfortzon­e: Ich habe immer versucht, neue

Dinge auszuprobi­eren. Vor zwei Jahren habe ich in Berlin zum Beispiel ein Kopfhörer-Konzert mit einem Orchester gegeben, bei anderen Konzerten arbeiten wir mit Surround-Sound. Beim Autokino-Konzert werde ich mit musikalisc­hen Überraschu­ngsgästen auf der Bühne sein. Es wird eine übergroße Leinwand mit visuellen Eindrücken geben, die ich extra für diesen Abend entwickelt habe – neue Filme und Bilder zum Beispiel von meinen Reisen. Es gibt eine große Laser-Show. Und der Sound wird über einen FM-Transmitte­r übertragen, so dass die Besucher ihn über das Autoradio hören und selbst lauter oder leiser stellen können oder mehr oder weniger Bass reindrehen.

Das klingt nach großem Aufwand…

Den betreibe ich, weil ich tatsächlic­h überlege, auch in der „postapokal­yptischen“Welt solche Konzerte anzubieten. Viele Fans haben mir nämlich gesagt, dass sie meine Musik gern im Auto hören.

Gibt es noch musikalisc­he Kollaborat­ionen, die Sie sich für die Zukunft wünschen?

Ein großer, großer Wunsch ist nach wie vor Neil Tennant von den Pet Shop Boys. Ich habe ihn auch schon einige Male gefragt und es gibt immer hinreißend politisch korrekte Absage-Mails von ihm. Ich hoffe aber, dass es eines Tages noch dazu kommt.

 ?? FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/DPA ?? Der Musiker und Schiller-Gründer Christophe­r von Deylen. Seit mehr als 20 Jahren entwickelt er rhythmisch­e Elektrosou­nds mit fast schon sphärische­n Melodien und Texten voller Poesie.
FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/DPA Der Musiker und Schiller-Gründer Christophe­r von Deylen. Seit mehr als 20 Jahren entwickelt er rhythmisch­e Elektrosou­nds mit fast schon sphärische­n Melodien und Texten voller Poesie.

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