Ein Stück Kinderalltag kehrt zurück
Für die Viertklässler begann die Schule, Tausende Kinder eroberten die Spielplätze. Noch längst ist nicht alles so, wie es einmal war.
DÜSSELDORF Konzentriert schaut Eylül auf ihr Blatt. Dann beginnt die Viertklässlerin aus der Paulusschule in Düsseltal vorzulesen. „Das Coronavirus hat in China begonnen. Da hat noch niemand daran geglaubt, dass es nach Deutschland kommt. Aber bald wurden die Schulen und Spielplätze geschlossen. Und wir bekamen einen sehr langen Lernplan mit vielen Aufgaben“, liest sie vor. An diesem Donnerstag erlebt die Zehnjährige, wie 5000 weitere Viertklässler, ihren ersten Schultag nach siebenWochen. Und sie darf berichten, wie sie diese Zeit erlebt hat. „Ich hoffe, das Virus lässt bald die ganze Welt in Ruhe“, sagt Eylül.
„Es gab keine massiven Gruppenbildungen oder andere Irritationen. Der Auftakt nach langer Pause verlief reibungslos, sogar besser als erwartet“, resümiert Dagmar Wandt, Leiterin des Schulverwaltungsamts, am Nachmittag den Neustart der 90 Grundschulen in der Stadt. Tatsächlich überwiegt die Freude bei Eltern, Lehrern und Schülern über die Teil-Öffnung. Doch allen ist klar: Weitreichende Einschränkungen werden den Alltag noch sehr lange bestimmen. Dazu passt auch, dass Lehrerin Petra Thiel eine Schwimmnudel dabei hat, um den Kindern die 1,50-Meter-Abstandsregel in den Fluren zu vermitteln. Nur eine ergänzende Maßnahme, denn die Kinder wissen bereits, dass sie ganz überwiegend einen Mundschutz tragen müssen und nur in der eigenen Lerngruppe auf den Hof dürfen. „Aber wie das bei den Kleinen funktionieren soll, kann ich mir noch nicht vorstellen“, sagt Lehrerin Verena Link.
Irgendwie funktionieren muss es aber. In einem rollierenden System wird ab Montag pro Tag je eine Stufe in elfköpfigen Kleingruppen bis zu vier Stunden in den Kernfächern unterrichtet. Link schüttelt, wie die meisten ihrer Kolleginnen, darüber den Kopf. „Ich werde dann in der Woche mit 120 Kindern in Kontakt kommen. Davon viele, die mich gar nicht kennen und über deren Stärken und Schwächen ich nichts weiß.“Bis zu den Sommerferien hätte dann jede Klasse genau sieben Tage Unterricht. „Das ist nicht durchdacht“, bemängelt Link, die ein wochenweises System bevorzugen würde. Gerade für die Jüngeren ist die Corona-Krise eine Belastungsprobe. „Für unsere Eltern war das echt schwer, jedem helfen zu wollen. Wir sind drei Brüder“, sagt Jonathan. Und Max' Eltern konnten den Nachwuchs nur wenig unterstützen – beide arbeiten Vollzeit.
Entspannt ist die Stimmung auf vielen der rund 350 Spielplätze im Stadtgebiet. Viele Eltern freuen sich über ein Stück wieder gewonnene Normalität, nutzen die Eröffnung, um mit ihren Kindern zu schaukeln, zu wippen oder im Sand zu spielen. So auch Laura Vaessen, die mit Lotta (2) und Milou (neun Monate) auf den Spielplatz am Hermannplatz in Flingern gekommen ist.„Wir haben keinen Garten und keinen Hof, deshalb bin ich froh, dass wir wieder hierher dürfen“, sagt Vaessen. Sorgen vor einer möglichen Ansteckung hat sie nicht. „Es liegt in der Verantwortung der Eltern, dass das hier gut funktioniert.“Auch auf anderen größeren Anlagen wie am Fürstenplatz ist viel los. Doch einige Eltern bleiben offenbar vorsichtig, denn auf kleineren Anlagen wie an der Kölner Straße in Wersten ist am frühen Nachmittag so gut wie gar kein Kind anzutreffen. Für Christian Markgraf und seine zwei Söhne Karl (9) und Piet (7) war die Sache dagegen klar. „Ich treffe heute endlich meinen Freund wieder“, sagt Piet.