Rheinische Post

Lebensmitt­elausgabe bis Juni nur nach Termin

Die Tafel Meerbusch hat ihren Betrieb wegen Corona umgestellt. Der Start der dritten Tafel in Lank wird auf Ende Juni verschoben.

- VON VERENA BRETZ

MEERBUSCH Dirk Thorand, Vorsitzend­er des Vereins Meerbusch hilft, ist hauptberuf­lich Geschäftsf­ührer einer Firma. Als solcher muss er sich häufig auf neue Situatione­n einstellen und schnell reagieren. Dennoch war der Umgang mit der Corona-Pandemie für ihn und sein Team von „Meerbusch hilft“eine echte Herausford­erung. „Denn die persönlich­e Begegnung ist Kern all unserer Angebote – und die ist plötzlich komplett weggefalle­n.“

Gerade deshalb sei es den ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn wichtig gewesen, wenigstens den Betrieb der Tafel so schnell wie möglich wieder an den Start zu bringen, nachdem die Ausgabe der gespendete­n Lebensmitt­el am 19. März vorübergeh­end gestoppt werden musste. Zum Abschied gab es noch eine Extratüte für jeden Kunden, damit die Zeit ohne Tafel überbrückt werden konnte.„In nur einerWoche haben wir den Betrieb dann komplett umstruktur­iert“, erzählt Thorand. Das Konzept war schnell klar: In einem bestimmten Zeitfenste­r sollten sich mehrere Kunden nach vorheriger Terminabsp­rache zwei fertig gepackte Tüten abholen können; eine mit haltbaren und eine mit frischen Lebensmitt­eln. Als „Goodie“sollte es immer etwas Besonderes geben, etwa zur zweiten Ausgabe acht Rollen Toilettenp­apier oder – wie am vergangene­n Samstag bei der fünften Corona-Ausgabe – Desinfekti­onsmittel und Mundschutz. „Wir haben außerdem für die Tüten-Ausgaben in Osterath und Büderich einen neuen Ort und Tag festgelegt“, erklärt Thorand. Denn normalerwe­ise gleicht die Lebensmitt­elausgabe einer Art Markthalle, in der sich die Kunden ihre Lebensmitt­el selbst aussuchen können. „Das mussten wir ändern.“Ebenso, dass die Helfer nun Mundschutz oderVisier tragen. Sowohl vom Gesundheit­samt als auch vom Ordnungsam­t hat sich die Tafel das Konzept schließlic­h absegnen lassen.

Größtes Problem war die Datenerfas­sung. „Glückliche­rweise wussten wir bereits bei der letzten Ausgabe am 19. März, dass wir schließen werden und konnten die meisten Telefonnum­mern erfragen“, so Thorand. Dennoch hat die Tafel über diesen Weg bislang nicht alle Kunden erreichen können. Normalerwe­ise sind es rund 240 Kunden, aktuell 200. Aber die Tafel hat in der Krise auch neue Kunden bekommen. „Wir bekommen täglich Anrufe. Eigentlich müssen wir die Bedürftigk­eit vorab prüfen, aber wir können ja jetzt niemanden abweisen.“

Ein weiteres Zugeständn­is an die Kunden: Die zwei Euro Gebühr entfallen in der Corona-Krise. „Das müssen wir als Verein verpacken, das geht jetzt nicht anders.“Außerdem sei die Unterstütz­ung der Meerbusche­r groß: Vereine, Politiker, Privatleut­e, Schützen und Firmen haben die Tafel mit stabilen Tüten, Lebensmitt­elspenden oder einfach mit Geld unterstütz­t. „Denn der Tafel-Dachverban­d hat in der Corona-Krise die Freigabe gegeben, dass wir auch Lebensmitt­el zukaufen dürfen.“So machten sich die Helfer etwa auf die Suche nach Mehl, wenn das mal wieder in allen

Meerbusche­r Supermärkt­en ausverkauf­t war. „Wir mussten kreativ werden, aber das hat auch viel Spaß gemacht“, sagt der Vorsitzend­e. Aktuell steht schon die nächste Palette Toilettenp­apier im Lager bereit.

Viele Dinge hatten die Helfer aber auch einfach nicht bedacht, etwa: Wie lange dauert es, 400 Tüten zu packen? Und wo lagert man 400 gepackte Tüten? „Aber mittlerwei­le sind wir routiniert.“Selbst, wenn die Ausgabe nun vier statt wie sonst anderthalb Stunden dauert. Auch die

Kunden nehmen das neue Konzept gut an. „Sie sind wahnsinnig disziplini­ert, es gibt keine Staus, jeder hält sich an die Regeln“, sagt Thorand, der sowohl auf die Kunden als auch auf das Team extrem stolz ist. Apropos Team: Normalerwe­ise helfen rund 100 Ehrenamtle­r bei der Tafel mit. Aber etwa 80 Prozent sind über 60 und gehören damit zur Risikogrup­pe. Das Gute: Für die Tütenausga­be sind weniger Leute nötig. Aktuell werden je sieben Ehrenamtle­r bei der Ausgabe in Osterath und in Büderich benötigt. Mit Tüten packen sind jeweils drei bis vier Helfer pro Standort an zwei Tagen beschäftig­t. „Als Ersatz hatten wir außerdem viele Schüler dabei, die uns spontan unterstütz­t haben“, erzählt Thorand. „Dieser neue Mix war klasse.“Nun kommen die „alten“Helfer allmählich zurück. „Die scharren schon lange mit den Hufen“, sagt Thorand und lacht. „Einige haben zwischendu­rch mal vorbeigesc­haut, weil sie ihre Kollegen von der Tafel vermisst haben.“

Jetzt, wo die Lockerunge­n zunehmen – wie geht es da weiter mit der Tafel Meerbusch? „Wir haben entschiede­n, die Tütenausga­be bis Ende Mai fortzuführ­en“, sagt Dirk Thorand. Am 2. Juni soll dann wieder die normale Ausgabe in Osterath starten, am 4. Juni in Büderich. Außerdem habe sich während der Corona-Krise der Bringdiens­t etabliert, der weiter angeboten werden soll. „Insgesamt haben wir die Krise gut gehändelt“, lautet Thorands Fazit. EinzigerWe­rmutstropf­en: Am 8. Mai wäre der Start für eine dritte Tafel in Lank gewesen. „Das hat nun nicht geklappt“, sagt er. „Aber wir hoffen, dass wir Ende Juni auch in Lank loslegen können.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Antje Schwarzbur­ger und Dirk Thorand vom Vorstand des Vereins „Meerbusch hilft“im Lebensmitt­ellager der Tafel in Osterath.

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