Rheinische Post

„Ich weiß nicht, was das mit mir macht“

Andreas Hintz verpasst am Samstag zum ersten Mal seit 25 Jahren ein Fortuna-Meistersch­aftsspiel.

- VON FALK JANNING

Andreas Hintz ist verzweifel­t. Während der vergangene­n 25 Jahre hat er alle Meistersch­aftsspiele der Fortuna gesehen. 870 in Folge. Am Samstag, wenn seine Mannschaft gegen den SC Paderborn zum Geisterspi­el vor leeren Rängen aufläuft, wird er nun zum ersten Mal seit einem Vierteljah­rhundert eine Partie verpassen. „Wegen eines Virus!“Der 50-Jährige kann immer noch nicht glauben, dass eine Pandemie seine Serie zur Strecke bringt. „Ich hatte mir in der Vergangenh­eit alle möglichen Szenarien ausgemalt, die dazu hätten führen können, dass ich mal ein Spiel verpasse. Todesfälle in der Familie, Unfälle und andere Katastroph­en. Einen Virus hatte ich nicht auf der Rechnung. Das hätte ich nie für möglich gehalten.“Von Krankheite­n, die eine Fahrt verhindert hätten, ist er bislang verschont geblieben.

Hintz hat sich in seiner Not überlegt, was er alles unternehme­n könnte, um dem Spiel doch noch beizuwohne­n. „Zwei Tage vorher in die Arena schleichen und mich zwischen den Sitzen verstecken. Einen Hubschraub­er mieten und von oben zuschauen. Ordner werden. Oder Journalist.“Der Fortuna-Anhänger weiß, dass alle Versuche scheitern werden. Spätestens dann eine Woche später beim Auswärtssp­iel. Das Spiel am Samstag gegen Paderborn wird er also notgedrung­en vor dem Fernseher verfolgen müssen. „Ich weiß nicht, was das mit mir macht. Ich habe ja keinerlei Erfahrung damit“, sagt der gebürtige Düsseldorf­er. „Mit meiner Frau habe ich vereinbart, dass ich vorsichtsh­alber alleine gucke.“

Zuletzt im März 1995 hatte er ein Punktspiel verpasst. Es war die 1:2-Niederlage der Truppe um Torhüter-Legende Georg Koch am Millerntor gegen den FC St. Pauli. Noch heute ärgert den Bankkaufma­nn, dass er dieses Montagsspi­el der Zweiten Liga sausen ließ – denn dann wäre er noch näher dran an der angestrebt­en 1000er-Marke. Seine Freundin hatte ihn bekniet, seinen Job nicht aufs Spiel zu setzen. Er hatte keinen Urlaub für den Spieltag bekommen und wollte trotzdem fahren. „Meine Freundin rief mich unter Tränen an, ich solle nicht fahren, sonst wäre ich meinen Job los. Das hat dann doch etwas in mir bewegt. Also bin ich vernünftig­erweise zu Hause geblieben. Bald darauf haben wir uns trotzdem getrennt. Und auch die Filiale habe ich kurz darauf gewechselt.“Start der Serie von 870er-Serie, die nun zu Ende geht, war am 1. April 1995 der 1:0-Erfolg der Düsseldorf­er im Rheinstadi­on gegen den 1. FSV Mainz 05. Dass er die 1000 Spiele am Stück in diesem Leben noch einmal schafft, das hat sich der Vollblut-Rot-Weiße abgeschmin­kt. „Das ist kaum möglich, dann wäre ich 80“, sagt er.

Hintz` Begeisteru­ng für Fortuna entflammte Ende der 70er Jahre an

Es gibt wieder Klebebilde­r zu kaufen

Nachschub Aktuell gibt es wieder Klebebilde­r für das Panini-Album zum 125. Geburtstag von Fortuna. Die erste Auflage, immerhin 2,5 Millionen Sticker, war bereits vergriffen. Doch jetzt ist Nachschub an den Kiosken und auch im RP-Shop eingetroff­en.

Bestellung unter 0211-505-2255 oder unter www.rp-online.de/panini-fortuna der Seite seines Patenonkel­s Alfred Honig, der ihn das erste Mal mit ins Stadion nahm. Welche Partie das war, lässt sich nicht mehr ermitteln. Genauso wenig wie die Gesamtzahl der Spiele, bei denen er dabei war. Seine Liebe überstand alle Tiefen. Nach der 3:4-Niederlage gegen 1860 München nach 3:0-Führung habe er mal kurz gezweifelt, gibt er zu. Sein 500. Spiel war im Aufstiegsj­ahr 2009 das 5:5 bei Eintracht Braunschwe­ig. Seit der Oberliga-Saison 1993/94 organisier­t Hintz für den Verein das Verteilen des Stadionmag­azins „Fortuna Aktuell“am Spieltag. Andreas Hintz natürlich nicht.

Der 50-Jährige setzte seine Serie sogar dann fort, als er in Frankfurt arbeitete. Er blieb in seiner Heimatstad­t wohnen und ließ sich von seinem Arbeitgebe­r statt einer Gehaltserh­öhung zusichern, dass er kein Fortuna-Spiel verpassen muss.

Der langjährig­e Vorsitzend­e des Fanklubs „Fortuna Treu“ist allerdings nicht nur in Sachen Fortuna unterwegs, sondern sammelt als Groundhopp­er auch Stadionbes­uche. So hat er bereits in 59 Ländern weltweit Fußball gesehen. Seine Freundin Susanne begleitet ihn so oft es geht – zur Fortuna und auch in alle Welt. Urlaube werden rund um den Terminkale­nder der Fortuna geplant. 2014 waren beide bei der Weltmeiste­rschaft in Brasilien dabei

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FOTO: AH Andreas Hintz und Freundin Susanne während der Aufstiegsf­eier am Rathaus.

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