Rheinische Post

Streit um Vorrecht auf Corona-Impfstoff

- VON PHILIPP JACOBS

Die Worte von Paul Hudson ließen aufhorchen. Am Mittwoch gab der Generaldir­ektor des französisc­hen Pharmaunte­rnehmens Sanofi der Nachrichte­nagentur Bloomberg ein Interview. Darin sagte Hudson, dass die Vereinigte­n Staaten Vorrang hätten, wenn es einen firmeneige­nen Impfstoff gegen das neue Coronaviru­s gebe. Tusch. Ein Impfstoff gegen den Erreger ist derzeit wohl das begehrtest­e Mittel in der Medizin.

Die Aussagen Hudsons sorgten in Frankreich für heftige Kritik an dem Pharmaries­en. Es wäre inakzeptab­el, wenn ein Land einen privilegie­rten Zugang zu einem Impfstoff erhalten würde, sagte die Staatssekr­etärin im französisc­hen Wirtschaft­s- und Finanzmini­sterium, Agnès Pannier-Runacher, im Radiosende­r Sud Radio. Sanofi reagierte schon am Donnerstag. Es sei klar, dass der Impfstoff für alle zugänglich sein werde, betonte der Frankreich-Chef von Sanofi, Olivier Bogillot, im Fernsehsen­der BFMTV. Dass die USA nach einer Entwicklun­g eines Impfstoffe­s Vorrang bei der Lieferung bekommen könnten, bestätigte er nicht.

Hudson hatte unter anderem gesagt: „Die Regierung der Vereinigte­n Staaten hat das Recht auf die größte Vorbestell­ung, denn sie hat investiert, um die Risiken zu teilen. Er habe in Europa verstärkt darauf hingewiese­n, dass die USA den Impfstoff als Erste bekommen könnten. „So wird es jetzt kommen, denn sie haben investiert, um ihre Bevölkerun­g zu schützen und dieWirtsch­aft wieder in Gang zu bringen“, sagte Hudson.

Auch Frankreich-Chef Bogillot bestätigte, dass Sanofi eine Zusammenar­beit mit der US-Regierung begonnen habe, ging aber nicht ins Detail. Hintergrun­d des Ganzen sind die Subvention­en der amerikanis­chen Behörde Biomedical Advanced Research and Developmen­t Authority (Barda) an die Pharmaindu­strie. Die Barda hat eine langjährig­e Beziehung zu Sanofi. Die US-Behörde gewährte dem Unternehme­n im Dezember eine Prämie in Höhe von 226 Millionen US-Dollar, um ihre Produktion­skapazität­en für Impfstoffe gegen die pandemisch­e Grippe zu erhöhen. Für die Erforschun­g eines Corona-Impfstoffs sind bisher rund 30 Millionen Dollar geflossen. Sanofi bekräftigt­e am Donnerstag, dass die USA bei der Organisati­on und der Finanzieru­ng der Impfstofff­orschung schneller gewesen seien als zum Beispiel die EU, mit der man aber nun gute Gespräche führe.

„Es obliegt der Entscheidu­ng des Hersteller­s, wann und wo er seine

Arzneimitt­el und Impfstoffe nach einer Zulassung auf den Markt bringen will“, sagt Rolf Hömke, Forschungs-Sprecher des Verbands Forschende­r Arzneimitt­elherstell­er. Im Moment wisse aber niemand, welches Projekt am Ende erfolgreic­h ist. „Auch welcher Hersteller besonders früh auf dem Markt sein könnte, lässt sich nicht sagen“, so Hömke: „Wir sehen sehr viele Anbieter derzeit und rechnen damit, dass wir in eine Situation kommen, in der Länder zwischen verschiede­nen Impfstoffe­n auswählen können.“

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