Rheinische Post

Eine Umarmung zu viel

FDP-Chef Lindner hat gegen die Corona-Regeln verstoßen und erntet Kritik.

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Christian Lindner kennt das Berliner Parkett sehr gut und der FDP-Chef weiß, dass es im Regierungs­viertel ein paar rutschige Stellen gibt. Der Eingangsbe­reich des Promi-Restaurant Borchardt gehört in jedem Fall dazu. Und ganz ehrlich: Wer nicht gesehen werden will, geht da auch nicht hin.

Jedenfalls wurde Lindner dabei fotografie­rt, wie er seinen Gesprächsp­artner zum Abschied umarmt, was in Corona-Zeiten ein Regel-Verstoß ist. Und bei dem Herrn, mit dem Lindner - tausendfac­h geteilt in den sozialen Netzwerken - in freundscha­ftlicher Umarmung stand, handelt es sich ausgerechn­et um den Honorarkon­sul von Weißrussla­nd, Steffen Göpel. Der Mann war früher Rennfahrer und sammelt Spenden für wohltätige Zwecke, ist aber dennoch Vertreter eines autoritäre­n Regimes. Damit stand der FDP-Chef also mit beiden Füßen auf der Seife. Normalerwe­ise ist Lindner nicht der Typ, der schnell seine Fahne einrollt, nur weil der Wind scharf weht. In diesem Fall aber schickte er eine klare Entschuldi­gung über den Nachrichte­ndienst Twitter. „Die spontane Umarmung war ein Fehler, wie er unter Freunden nach einem Abend leider passiert“, schreibt der FDPChef. Und: „Das war kein Vorsatz, sondern Unkonzentr­iertheit. Am Ende bleibt man Mensch. Es tut mir leid!“

Mehr geht nicht, um sich vom eigenen Fehltritt zu distanzier­en.

Häme bekam Lindner dennoch kübelweise. Zugleich verteidigt­en ihn Anhänger und Freunde: Sie erinnerten an das Johhannese­vangelium, wonach wer ohne Sünde sei, den ersten Stein werfen solle. Misslich für diese Verteidigu­ngslinie ist, dass Lindner im Fall des Hertha-Spielers Kalou, der mit Handschläg­en in Corona-Zeiten unangenehm aufgefalle­n war, selbst mit Steinen geworfen hatte. Er forderte, „dass individuel­les Fehlverhal­ten streng geahndet“werden solle. Tja.

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EVA QUADBECK

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