Rheinische Post

500 Milliarden in den EU-Haushalt?

Merkel und Macron schlagen der EU einen Fonds für Corona-Hilfen vor.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Das Verhältnis von Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron war in der Corona-Krise wegen unterschie­dlicher Gangart angespannt – und wenn es zwischen Berlin und Paris ruckelt, stottert der europäisch­e Motor. Das ist auch in Zeiten der Pandemie nicht anders. Aber nun erscheint es noch gefährlich­er als in anderen Krisen. Jetzt geht es um Solidaritä­t und den Zusammenha­lt der Europäisch­en Union, die auseinande­r zu fallen droht, wenn einzelne Länder finanziell nicht mehr auf die Beine kommen. Das schwer gebeutelte Italien hatte Deutschlan­d schon Verrat an der europäisch­en Idee vorgeworfe­n, wo doch dem Land nach dem Zweiten Weltkrieg gemeinscha­ftlich auf die Beine geholfen worden sei und es sich nun aus der Solidaritä­t verabschie­de, wenn es sich nicht auf große Finanzhilf­en einlasse.

Am Montag haben sich nun Merkel und Macron jeweils in ihren Hauptstädt­en digital zusammenge­schaltet und Historisch­es vorgeschla­gen: Die EU-Kommission soll 500 Milliarden Euro an den Finanzmärk­ten für den Haushalt aufnehmen – legitimier­t durch die Parlamente der Mitgliedst­aaten, um die Haushaltsa­utonomie zu wahren. Aus diesem Wiederaufb­aufonds bekämen jene Länder und Sektoren Unterstütz­ung, die am stärksten wirtschaft­lich unter der Pandemie leiden. Zurückgeza­hlt wird über eine „lange Zeit“gemeinscha­ftlich – aber aller Voraussich­t nach „nicht von denen, die von den 500 Milliarden Euro“profitiere­n. Den größten Batzen wird Deutschlan­d davon tragen – gemessen an seinem 27-Prozent-Anteil am EU-Haushalt. Ziel ist, wie es Merkel formuliert: „Dass wir nach der Krise nicht so große Unterschie­de haben.“Wer mehr Geld bekommt, muss also weder Zinsen zahlen noch die Summe zurückzahl­en. Denn es handelt sich nicht um Kredite, sondern um Geld aus dem Haushalt.

Noch sind einige Fragen offen. Ob alle anderen 25 Länder demVorschl­ag zustimmen werden, ist unsicher. Macron sagte, einige hätten mehr gewollt, andere hätten den Vorschlag abgelehnt. Merkel erklärte, es gehe um die härteste Herausford­erung in der Geschichte der EU, da sei der Weg zur Lösung nicht einfach. Wenn Paris und Berlin keinen mutigen Vorschlag machten, ließen sie geschehen, was gerade auch in Europa passiere: Die Erschütter­ung der europäisch­en Gemeinscha­ft und partiell die Rückkehr zum Nationalst­aat. Es gehe um „einen Kampf“um die europäisch­e Idee, um das Verständni­s, dass ein Nationalst­aat allein in Europa keine Zukunft habe. Das gelte auch für Frieden und Freiheit undWirtsch­aft und Wohlstand in Deutschlan­d.

EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen (CDU) hatte von den EU-Staaten den Auftrag bekommen, ein konsensfäh­iges Modell für denWiedera­ufbau zu entwerfen. Sie hatte dafür den 27. Mai angekündig­t. Merkel und Macron haben nun vorgelegt. „Wir haben uns zusammenge­rauft zwischen Deutschlan­d und Frankreich“, sagte Merkel. Das könne ein Impuls für die ganze EU sein. Europa müsse„gestärkt, zusammenha­ltend und solidarisc­h aus dieser Krise kommen“. Der Fonds müsse einen Beitrag leisten, „dass alle gleicherma­ßen reagieren können“. Macron nennt das einen europäisch­en Traum.

 ?? FOTO: DPA ?? Pressekonf­erenz einmal anders: Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron in Paris und auf dem Bildschirm Kanzlerin Angela Merkel in Berlin.
FOTO: DPA Pressekonf­erenz einmal anders: Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron in Paris und auf dem Bildschirm Kanzlerin Angela Merkel in Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany