Tod vorgetäuscht – Ehering wird Mann zum Verhängnis
Ein Kieler wollte eine Lebensversicherung kassieren. Monate später zerren Polizisten ihn hinter Kisten hervor.
KIEL (dpa) Sein Ehering wird ihm zum Verhängnis. Zwei Stunden suchen Polizisten am 7. Mai in einer alten Stadtvilla im niedersächsischen Schwarmstedt nach einem mutmaßlichen Betrüger. Dann leuchtet ein Beamter auf dem Dachboden mit seiner Taschenlampe herum. „Er hat dabei ein Aufblitzen gesehen“, sagt ein Ermittler der Kieler Polizei. „Beim genauen Hinsehen hat der Kollege erkannt, dass es ein Ehering an einer Hand war.“Wenige Augenblicke später nehmen Polizisten den 52 Jahre alten Kieler fest. In einer Ecke hockend, hinter Kartons auf dem Dachboden seiner
Mutter taucht der Norddeutsche sieben Monate nach seinem vermeintlichem Ertrinken in der Ostsee wieder auf.
Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt wegen mehrfachen versuchten Betrugs. „Bereits 2018 sind für den Beschuldigten gut ein Dutzend Lebens- und Unfallversicherungen bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften abgeschlossen worden“, sagt Oberstaatsanwalt Axel Bieler. Die Gesamtsumme liege bei mehr als 4,1 Millionen Euro. „Wir waren relativ schnell der Auffassung, dass hier lediglich der Tod vorgetäuscht worden ist, um die Versicherungssumme zu kassieren.“Sie sollte im Todesfall an Frau und Mutter ausgezahlt werden.
Rückblende: Am 7. Oktober 2019 bricht der Mann von Kiel aus mit einem kleinen Motorboot zu recht später Stunde in Richtung Dänemark auf. Das Wetter ist nicht schlecht. Drei Tage später meldet seine Frau ihn als vermisst. Eine großangelegte Suche verläuft ohne Erfolg. Am 11. Oktober entdeckt ein Zeuge das gekenterte Boot vor dem nordöstlich von Kiel gelegenen Ort Schönberg. Der Bug ragt noch aus demWasser, das Boot ist vom Strand aus zu sehen. Offensichtliche Schäden gibt es nicht, Schwimmwesten und Schlauchboot fehlen.
Die Kieler Polizei stößt auf Ungereimtheiten und wird skeptisch. Ein Gutachter stellt Manipulationen am Boot fest. „Das Verhalten der Ehefrau beispielsweise wies auch Fragen auf“, sagt eine Ermittlerin. Sie habe angeblich keine Kenntnis von alltäglichen Dingen aus dem Leben ihres Mannes gehabt und„recht spät eine Vermisstenmeldung erstattet“. Zudem beantragen mehrere Versicherungen Akteneinsicht.
„Der Plan war durchdacht und gut vorbereitet“, sagt die Ermittlerin. „Da steckte ein Haufen Arbeit dahinter.“Die Polizisten gehen davon aus, dass der Mann, seine gleichaltrige Ehefrau und die 86 Jahre alte Mutter des Kielers den Plan gemeinsam ausgeheckt haben. Die Ehefrau sitzt seit Ende April in Untersuchungshaft. Ihr Mann schweigt zu den Vorwürfen, seine Mutter ebenfalls.
Die Auszahlung des Geldes sei bereits beantragt worden, sagt Oberstaatsanwalt Bieler. Bei Seeunfällen gelte eine sechsmonatige Frist. Sonst könne eine Person erst nach fünf Jahren für tot erklärt werden. Der 52-Jährige wurde bereits wegen Kreditbetrugs verurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.