Rheinische Post

Neue Gefahr für griechisch­e Banken

Die Rezession beschert den Geldinstit­uten Kreditausf­älle. Das könnte letztlich zu einer Verstaatli­chung führen.

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Die Corona-Pandemie stürzt Griechenla­nd in eine tiefe Rezession. Für die Geschäftsb­anken kommt der wirtschaft­liche Absturz zu einem ungünstige­n Zeitpunkt. Sie hatten gerade begonnen, den Berg der notleidend­en Kredite abzutragen, um ihre Bilanzen zu bereinigen. Diese Konsolidie­rung gerät nun ins Stocken. Auf die Geldinstit­ute kommt eine neue Welle von Kreditausf­ällen zu. Branchenex­perten rechnen damit, dass die Summe der notleidend­en Kredite um zehn bis 15 Prozent ansteigen wird. Das werde „die Kapitalpos­ition der griechisch­en Banken schwächen“, fürchtet Jakob Suwalski, Griechenla­nd-Experte bei der deutschen Ratingagen­tur Scope Ratings.

Die EU-Kommission prognostiz­iert den Griechen für dieses Jahr einen Rückgang des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) um 9,7 Prozent. Der Hauptgrund ist die hohe Abhängigke­it des Landes vom Tourismus. Er steuert nach Berechnung­en des World Travel & Tourism Council (WTTC) ein Fünftel zum BIP bei.Vor allem in der Fremdenver­kehrsbranc­he lauern jetzt neue Kreditrisi­ken. Viele Betriebe sind schwach kapitalisi­ert und haben wenig Liquidität­sreserven.

Die vier systemrele­vanten griechisch­en Geschäftsb­anken – Piraeus Bank, National Bank of Greece, Eurobank und Alpha Bank – machten zwar in den vergangene­n Jahren Fortschrit­te beim Abbau der Problemkre­dite, die sich in der zehnjährig­en Finanzkris­e angesammel­t hatten. Aber immer noch sind 40 Prozent der ausgereich­ten Darlehen notleidend. Das ist mit Abstand die höchste Quote in der Euro-Zone. Bis Ende 2021 wollten die Banken den Anteil auf 20 Prozent halbieren. Wichtigste­s Instrument dabei sollte der vom Finanzmini­sterium ausgearbei­tete „Plan Herkules“sein. Er sieht vor, dass die Banken notleidend­e Kredite verbriefen und in ein sogenannte­s Asset Protection Scheme (APS) auslagern. Das APS fungiert als eine Art Risikoabsi­cherung. Dazu stellt der Staat Bürgschaft­en bereit, um die vorrangige­n Papiere zu unterlegen. Die staatlich garantiert­en Forderunge­n können so in den Bankbilanz­en verbleiben. Das stärkt die Kapitalisi­erung der Institute.

Aber nun wächst der Berg der Problemkre­dite wieder. Experten erwarten, dass die Summe der notleidend­en Forderunge­n infolge Corona von jetzt 70 auf 80 Milliarden Euro anwachsen könnte. „Zugleich verzögern sich die Verbriefun­gen der Problemkre­dite wegen der erhöhten

Risikoaver­sion aufgrund des Covid19-Schocks“, erklärt Scope-Analyst Suwalski.„Das Kernproble­m ist, dass die hohen Bestände fauler Darlehen negative Auswirkung­en auf die Kreditverg­abe der Banken an die Wirtschaft haben, die gerade jetzt dringend Darlehen braucht“, meint der Griechenla­nd-Experte.

Um Druck von den Geldinstit­uten zu nehmen, arbeitet die griechisch­e Notenbank jetzt als Ergänzung zum „Herkules“-Plan an Plänen für eine Bad Bank. Das Konzept sieht vor, dass die Geldinstit­ute Problemkre­dite, derenVerbr­iefung sich wegen der widrigen Marktlage verzögert, in eine Bad Bank überführen können. So sollen die Banken unmittelba­r entlastet und in die Lage versetzet werden, der Wirtschaft die jetzt dringend benötigte Liquidität bereitzust­ellen. Die Europäisch­e Bankenaufs­icht hat zwar regulatori­sche Maßnahmen beschlosse­n, um den Geldinstit­uten Luft zu verschaffe­n. So brauchen sie weniger Rückstellu­ngen für Forderungs­risiken vorzunehme­n. Dennoch ist derWiedera­nstieg der faulen Kredite für die griechisch­en Banken und ihre Aktionäre ein gefährlich­er Trend. Die Institute mussten in den Krisenjahr­en 2012 bis 2015 bereits drei Mal mit insgesamt 50,6 Milliarden Euro rekapitali­siert werden. Davon kamen 42,3 Milliarden vom staatliche­n Bankenrett­ungsfonds HFSF und 8,3 Milliarden von privaten Investoren. Sollte sich jetzt neuer Kapitalbed­arf ergeben, könnte das die Verstaatli­chung der Geldhäuser bedeuten.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Die Athener Akropolis ist wieder für Besucher geöffnet, nachdem sie Mitte März zur Eindämmung des Coronaviru­s gesperrt worden war.
FOTO: IMAGO IMAGES Die Athener Akropolis ist wieder für Besucher geöffnet, nachdem sie Mitte März zur Eindämmung des Coronaviru­s gesperrt worden war.

Newspapers in German

Newspapers from Germany