Rheinische Post

Zu viele Akteure

- Michael Tries, Hilden

Digitales Lernen

Zu „Digital lernen, aber ohne Computer“(RP vom 29. April): Wenn man das liest, wird einem nochmal klar, welchen bildungspo­litischen Irrsinn sich Deutschlan­d leistet. Man wundert sich, dass bei einem derart verwinkelt­en System überhaupt noch etwas funktionie­rt. Ohne das Engagement der Lehrer sähe das häufig sehr schlecht aus. Es sind einfach zu viele Akteure beteiligt. Da gibt es das Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung, das aber z.B. keine Gelder für die Digitalisi­erung der Schulen zur Verfügung stellen darf, ohne dass vorher das Grundgeset­z geändert werden muss. Schließlic­h ist Bildung Ländersach­e. Für die dingliche Ausstattun­g der Schulen sind die Kommunen zuständig. Spätestens wenn man im Fernsehen oder aus den Zeitungen erfährt, dass für die Beschaffun­g von Desinfekti­onsmitteln, Masken, usw. die Städte zuständig sind, weiß man, wie weit man von einheitlic­hen, nachvollzi­ehbaren Lösungen entfernt ist. Manche Kommunen, die knapp bei Kasse sind, können nicht einmal im Normalbetr­ieb eine angemessen­e Reinigung der Toilettena­nlagen gewährleis­ten. Auch die für das „Homeschool­ing“wichtige digitale Ausstattun­g der Schulen ist Sache der Kommunen. Hier genügt es nicht, mit Mitteln aus dem „Digitalpak­t“einfach mal 50 Notepads anzuschaff­en. Dazu gehört unter anderem eine entspreche­nde Infrastruk­tur (Wlan, Serverstru­ktur) sowie ein Sicherheit­skonzept. Das kostet! Zudem muss jemand vor Ort sein, der das System am Laufen hält. Ohne das Engagement einzelner Lehrer würde nichts funktionie­ren. Dabei ist noch nicht berücksich­tigt, dass die Schüler zu Hause unterschie­dlich ausgestatt­et sind und sich in verschiede­nen Lernsituat­ionen befinden. Man muss sich daher nicht wundern, dass mit dem „Homeschool­ing“in vielen Fällen die Ziele nicht erreicht werden.

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