Rheinische Post

Nach dem Arbeitssch­utz nun das Tierwohl

- VON KRISTINA DUNZ

Das war überfällig. Die Bundesregi­erung schiebt, angetriebe­n von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil, dem unwürdigen Treiben in fleischver­arbeitende­n Fabriken einen Riegel vor. Jahrelang hat sich die Politik das nicht getraut, weil die Lobby der Unternehme­n stark ist und Kommunen von deren Gewerbeste­uern abhängig sind. Dabei wussten alle um die Not der Beschäftig­ten, die meisten von ihnen Osteuropäe­r: Verstöße gegen den Arbeits- und Gesundheit­sschutz, weil sie zu lange Schichten schieben und in Sammelunte­rkünften zu wenig Platz haben. Dazu noch Ausbeutung durch Sub-Sub-Subunterne­hmer, die schlecht bezahlen. Wäre die Pandemie nicht eine gesamtwirt­schaftlich­e Katastroph­e, könnte man sagen, dass Corona auch etwas Gutes habe. Denn nur durch die vielen Infizierun­gen von Beschäftig­ten kam die Branche jetzt erneut unter die Lupe.

Nun muss sich die Regierung genauso konsequent um das Wohl der Tiere kümmern, die wir töten und essen. Auch hier wird seit Jahren aus Angst, Betriebe könnten ihre Produktion ins Ausland verlegen, auf Verbote, drastische Bußgelder und Kontrollen etwa bei der Ferkelkast­ration, dem Kükenschre­ddern oder den Tiertransp­orten verzichtet. Fleisch muss teurer werden, damit die Bauern die Tiere besser halten und die Schlachter besser töten können. Fleisch ist wertvoll. Und Werte haben wie alles im Leben ihren Preis. 4,44 Euro für ein Kilo Schweinefl­eisch hat damit nichts zu tun. Auf der Verpackung von Billigflei­sch müsste stehen, dass dieses Tier sich nie bewegen konnte, keine Wiese gesehen, viele Medikament­e gefressen und einen langen Todesweg angetreten hat. Und dann sollten noch all die Subvention­en sowie die Kosten für die Folgen für Gesundheit und Klima etikettier­t werden. Guten Appetit.

BERICHT AUS FÜR WERKVERTRÄ­GE . . , TITELSEITE

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