Rheinische Post

. . . und die Großen lässt man laufen

- VON FLORIAN RINKE

Kennen Sie Oliver Schmidt? Macht nichts. Selbst im VW-Konzern sagte der Name des Mana

vielen vermutlich lange Zeit nichts. Warum auch? Er war keine große Nummer in dem Weltkonzer­n. Bekannthei­t erlangte Schmidt erst, als er in den USA zu einer Haftstrafe verurteilt wurde – wegen seiner Mitwirkung am Abgasskand­al, bei dem jahrelang Millionen Diesel-Fahrzeuge manipulier­t wurden. VW bedankte sich auf seineWeise für den langjährig­en Einsatz des Mitarbeite­rs: Schmidt erhielt die Kündigung und eine Schadeners­atzklage. Großzügige­r zeigten sich dieWolfsbu­rger hingegen nun im Fall ihresVorst­andschefs Herbert Diess und des Aufsichtsr­atschefs Hans Dieter Pötsch. Die neun Millionen Euro, die nötig waren, um einen Prozess vor dem Landgerich­t Braunschwe­ig zu verhindern, mussten nicht die Angeklagte­n entrichten – die übernahm VW.

Im größten Industries­kandal der jüngeren Wirtschaft­sgeschicht­e werden die Kleinen gehängt und die Großen laufen gelassen: Das ist das Fazit nach rund vier Jahren Dieselskan­dal. Ob sie eine Mitschuld haben, wird im Fall Pötsch und Diess nicht mehr vor Gericht geklärt werden. Gerechtigk­eit fühlt sich anders an.

Bei Diess könnte man argumentie­ren, dass er nach seinem Wechsel von BMW kaum richtig im Amt war, als der Abgasskand­al aufflog. Aber Pötsch? Der war Finanzchef – und wurde trotz ungeklärte­r Schuldfrag­e sogar zum Aufsichtsr­atschef befördert.

Am Mittwoch meldete sich Betriebsra­tschef Bernd Osterloh zu Wort: „Der Betriebsra­t wird nicht zulassen, dass die Verantwort­ung für diesen Vorfall dauerhaft vom Top-Management nach unten abgeschobe­n wird.“Dumm nur: Er sprach nicht über den Abgasskand­al, sondern eine vermeintli­ch rassistisc­he Werbung. Alles andere hätte auch verwundert. Denn im Abgasskand­al hat genau dieses Vorgehen System.

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