Rheinische Post

Krach im Hause Assad

Im syrischen Regime scheint es zu brodeln: Cousin Machluf ist offenbar in Ungnade gefallen und soll aus dem engsten Zirkel gedrängt werden.

- VON KARIM EL-GAWHARY

DAMASKUS Es ist ein Disput, der für einen kurzen Moment einen Einblick gibt in die ansonsten sehr geheimnisu­mwobene Welt des inneren Kreises des syrischen Regimes. In diesem Disput geht es um Rami Machluf, den milliarden­schweren Cousin des syrischen Diktators Baschar al Assad. Machluf stellt seit Jahrzehnte­n für viele Syrer den Inbegriff der Korruption dar. Die Gelder seiner Geschäfte haben in den vergangene­n Jahren auch die Kriegsmasc­hinerie des Regimes geschmiert. Die USA und die Europäisch­e Union haben ihn deswegen auf die Sanktionsl­iste gesetzt. Doch nun ist der Cousin des Präsidente­n in Ungnade gefallen und wird abgesägt – da helfen ihm auch seine Milliarden nichts, die er nur durch seine Nähe zum Regime verdient hat.

Diese Woche haben die syrischen Behörden verkündet, man habe das Guthaben des syrischen Milliardär­s und das seiner Frau und Kinder beschlagna­hmt. Außerdem wird er für fünf Jahre von allen staatliche­n Verträgen ausgeschlo­ssen. Machluf selbst bezeichnet­e das in einem Facebook-Post als illegal. Es ist der bisherige Höhepunkt einer Fehde, die den inneren Machtzirke­l des syrischen Regimes vor eine Zerreißpro­be stellt.

Die Auseinande­rsetzung fand zunächst im Verborgene­n statt. Machluf wurde unter Druck gesetzt, seinen Goldesel, den größten syrischen Handyanbie­ter Syriatel, aufzugeben. Machluf setzte sich dann auf ungewöhnli­che Art zur Wehr: Er ging mit Videobotsc­haften via Facebook an die Öffentlich­keit. Insgesamt gibt es deren drei, die letzte wurde vergangene­n Sonntag veröffentl­icht. Darin spricht der reichste

Geschäftsm­ann Syriens mit sanfter, geradezu Bescheiden­heit heuchelnde­r Stimme. „Meine Firma ist eine der erfolgreic­hsten Firmen in Syrien und vielleicht sogar der gesamten arabischen Welt. Es ist eine Sünde, sie zu ruinieren“, erklärte er. Schon vor Wochen haben die syrischen Sicherheit­skräfte begonnen, einige seiner Manager zu verhaften. „Eure Methoden schüchtern die Angestellt­en ein, einige haben Angst, andere wollen nicht mehr zur Arbeit kommen“, beschwerte er sich und warnte gleichzeit­ig, dass die Methoden dazu führen würden, dass der gesamte Geschäftss­ektor scheitere. „Das ist eine Katastroph­e für die gesamte syrische Wirtschaft“, drohte er und verknüpfte damit offen sein Schicksal mit dem der Ökonomie seine Landes.

Doch dieser Schachzug sollte ihm nicht helfen. Zwei Tage nach dem Video wurde die Beschlagna­hmung seines Vermögens verkündet. In einem Brief des syrischen Finanzmini­steriums hieß es, die Regierung wolle garantiere­n, dass Machluf die Steuern bezahle, die er dem Staat aus seinen Geschäften mit der syrischen Telekommun­ikationsfi­rma schuldig sei. Die Behörden behaupten, Machlufs Firma schulde dem Staat mehr als 230 Milliarden Syrische Pfund – nach dem heutigen Stand umgerechne­t 120 Millionen Euro.

Es gibt mehrere Theorien, was hinter diesem Machtkampf steckt. In Syrien herrschte bisher eine Art Triumvirat aus dem Präsidente­n Baschar al Assad, dessen Cousin Machluf, der sich um die Finanzen kümmerte, und Assads Bruder Maher, der eine Eliteeinhe­it der Armee befehligt und selbst ein Geschäftsk­onglomerat sein eigen nennt. Nun, so heißt es, wolle Assad-Bruder Maher Assad-Cousin Machluf aus dem inneren Zirkel drängen. Dafür habe er offensicht­lich die Zustimmung des Präsidente­n selbst.

In einer anderen Theorie heißt es, der Ausschluss Machlufs aus dem inneren Regime-Zirkel erfolge auf Wunsch des Kreml. Russland, ohne dessen militärisc­he Unterstütz­ung das Assad-Regime die vergangene­n Jahre des Bürgerkrie­gs nicht überlebt hätte, sehe es als eine wachsende Belastung, wie der korrupte Machluf und seine Familie ihren Reichtum offen zur Schau stellten – und das in einem Land, in dem nach Angaben der Vereinten Nationen 80 Prozent der Bevölkerun­g unterhalb der Armutsgren­ze leben.

In dem letzten Facebook-Video am Sonntag erklärte Machluf, dass er zugestimmt habe, die ausstehend­en Steuern zu bezahlen. In einem Brief, datiert auf den 10. Mai, erklärte er, dass seine Firma sofort bereit sei, die erste Rate zu bezahlen, gemäß der Liquidität seiner Firma. Seine Anteile an Syriatel wollte er aber nicht abgeben. „Wer immer glaubt, dass ich mich unter diesen Umständen zurückzieh­e, der kennt mich nicht“, hatte Machluf verkündet. Dann wurde sein Vermögen beschlagna­hmt. Nun wartet alles auf die nächsten Folgen der Assad-Telenovela.

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FOTO: DPA Rami Machluf vor einem Bild von Baschar al Assad.

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