Rheinische Post

Warum Uerdingen unbedingt weiterspie­len will

In der Dritten Liga ist ein Streit entbrannt, wie die Saison während der Corona-Pandemie fortgesetz­t werden soll. Die Mehrheit will weitermach­en und hofft auf einen schnellen Start. Es geht um sportliche und wirtschaft­liche Interessen.

- VON GIANNI COSTA UND THOMAS SCHULZE

KREFELD Peter Frymuth ist darum bemüht, wenigstens so etwas wie Konsens herzustell­en. Doch derzeit stößt der Funktionär an klare Grenzen. Und deshalb hat er in seinem Sprachgebr­auch auf Angriff umgeschalt­et. „Eine Profiliga, die ein Jahr mit dem Spielbetri­eb aussetzt – ich glaube, da kann sich jeder ausmalen, was das bedeutet. Die gesamte Zukunft der 3. Liga als Profispiel­klasse wäre hochgradig gefährdet, inklusive ihrer Teilnehmer“, sagte der Vizepräsid­ent des DFB dem „Kicker“. „Ich halte den Ansatz, dass die 3. Liga im zweiten Halbjahr 2020 nicht spielt, für fast nicht vorstellba­r. Dann würden alle Verzahnung­en im Profiberei­ch, Stichwort Aufstieg in die 2. Liga, und eine saubere Spielplang­estaltung nicht mehr passen.“Als neuer Termin für die Fortsetzun­g der Saison – zunächst war der 16. Mai vorgesehen – wird jetzt vom DFB der 30. Mai favorisier­t, sofern die Behörden zustimmen.

Seit Wochen tobt hinter den Kulissen ein heftiger Streit. Dabei ist es wie so oft: Eine kleine Minderheit verschafft sich lautstark Gehör und erzielt überdimens­ionale Wirkung. So ist es auch beim Protest der Fußball-Drittligis­ten, die einen Saisonabbr­uch fordern, obwohl die Zahl derer geschrumpf­t ist. War ein erstes Abstimmung­sergebnis vor einigen Wochen mit 10:8 für eine Fortsetzun­g des Spielbetri­ebs noch recht knapp ausgegange­n, so ist die Zahl der Gegner auf vier, fünf – vorneweg Magdeburg, Halle, Jena und Mannheim – geschmolze­n. Neben den verständli­chen Bedenken ob der Corona-Pandemie ist ein weiteres starkes Motiv jedoch unverkennb­ar: Sie fordern den Saisonabbr­uch und das Aussetzen des drohenden Abstiegs, um so den Klassenerh­alt am grünen Tisch zu sichern; Mannheim beanspruch­t als derzeitige­r Tabellenzw­eiter nur dank des besseren Torverhält­nisses das Aufstiegsr­echt. Ob sie sich mit ihrer Forderung durchsetze­n können, wird der Bundestag des DFB am kommenden Montag zeigen.

Der Verband hat bei dem virtuellen Treffen der 262 Delegierte­n einiges aufzuarbei­ten. Es stehen heftige Vorwürfe im Raum. Reiner Haseloff, Ministerpr­äsident von Sachsen-Anhalt, hatte unlängst darüber geklagt, es sei unerträgli­ch, wie viel Druck der DFB auf Politik undVereine ausübe. In dem Bundesland darf bis zum 27. Mai kein Wettkampfs­port und damit auch kein Training stattfinde­n. „Ich war nicht bei den Gesprächen dabei, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass DFB-Präsident Fritz Keller und Generalsek­retär Friedrich Curtius Druck ausgeübt haben“, sagt Frymuth. „Das haben beide auch deutlich gemacht. Sie haben über mögliche Szenarien informiert.“

Aber was ist eigentlich mit der schweigend­en oder kaum wahrgenomm­enen Mehrheit?Vor allem die fünf bayerische­nVereine, aber auch Rostock, Braunschwe­ig, Chemnitz, Meppen und Uerdingen haben sich positionie­rt. In einem Schreiben an die Vereine hat der DFB, der via „Bild“von Felix Magath nun gescholten wurde, weil der Spielbetri­eb nicht schon wieder aufgenomme­n wurde, ihnen nochmals versichert, sich für die Fortsetzun­g der Saison einzusetze­n.

Deutliche Töne schlägt nun auch der KFC Uerdingen an. „Für uns ist die Fortführun­g der Saison alternativ­los – auch im Hinblick auf die Tatsache, dass auch in der kommenden Saison vorerst ohne Zuschauer gespielt werden könnte“, sagt Frank Strüver, der Geschäftsf­ührer des KFC. „Sämtliche Planungen müssen dann auf den Prüfstand gestellt werden. Die dadurch entstehend­en wirtschaft­lichen und rechtliche­n Konstellat­ionen sind Stand heute noch nicht absehbar. Sicher ist aber: Ein Saisonabbr­uch wäre eine Katastroph­e für die gesamte Dritte Liga. Fraglich, wer den dann entstehend­en Schaden tragen müsste.“Sicher ist, dass die Saison nicht wie ursprüngli­ch geplant am 30. Juni enden kann, denn es stehen noch elf Spieltage aus. Trotz aller daraus resultiere­nden juristisch­en Fragen haben der DFB und die Uefa die dafür satzungsre­chtlichen Voraussetz­ungen geschaffen. Und während es Spieler gibt, die ihre gesundheit­lichen Bedenken äußern, hat der Uerdinger Christian Dorda, dessen Vertrag ausläuft und der sich in den nächstenWo­chen empfehlen möchte, eine Duftmarke gesetzt: „Ich will wieder Fußball spielen und verstehe nicht, warum in der Dritten Liga nicht möglich ist, was in der ersten und zweiten praktizier­t wird.“

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FOTO: REVIERFOTO Luftsprüng­e nur im Training: Kevin Großkreutz (KFC).

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