Meerbuscher Kunstkreis zeigt online die große Vielfalt seiner Arbeiten
Viele Reisebüros in der Region kämpfen mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie – und hoffen auf die Politik.
NEUSS Der Mai ist eigentlich ein guter Reisemonat. Doch in den vergangenen Wochen hat Ruth Grolms, Inhaberin der gleichnamigen Reiseagentur in Neuss, vor allem eines getan: storniert, storniert, storniert. Die Corona-Pandemie hat viele Branchen hart erwischt, aber kaum eine mit so brachialer Wucht wie die Reisewirtschaft. „Reisebüros verdienen eine Provision, also einen Anteil am Reisepreis“, sagt Grolms. Dieser liege zwischen drei und zehn Prozent. „Wird eine Reise storniert, gibt es auch kein Geld fürs Reisebüro.“Dort wurde dann sozusagen umsonst gearbeitet. Hinzu kommt: Auch die Stornierungen mussten abgewickelt werden. Eine vertrackte Situation für die Reisebüros: Sie mussten arbeiten, ohne Einnahmen zu generieren, und zwar bei weiter laufenden Ausgaben.
Das hat die Branche, die ohnehin noch mit den Nachwirkungen der Thomas-Cook-Pleite im vergangenen Jahr zu kämpfen hat, ins Wanken gebracht. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein fragt regelmäßig bei Mitgliedsunternehmen ab, welche Folgen die Corona-Pandemie für sie hat. IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz nennt für die Reisewirtschaft am Mittleren Niederrhein – dazu zählen neben dem RheinKreis Neuss auch Mönchengladbach, Krefeld und der Kreis Viersen – dramatische Zahlen. „70 Prozent der Unternehmen aus der Reisebranche rechnen mit einem Umsatzrückgang von mehr als 50 Prozent“, sagt er. „Und 75 Prozent der Unternehmen aus der Reisewirtschaft bewerten den Umsatzrückgang als insolvenzgefährdend.“Viele Reisebüros befänden sich schlicht im Kampf um die Existenz.
Die IHK fordert daher von der Politik eine spezielle Unterstützung für die arg gebeutelte Branche. Finanzielle Hilfen gibt es bislang nur begrenzt. Ruth Grolms hat zwar die Corona-Soforthilfen des Landes NRW für Kleinstunternehmen beantragt und auch erhalten. „Das ist sicherlich gut, reicht aber natürlich nicht aus, um die Einnahmeausfälle aufzufangen“, sagt sie. Zudem sei sie sozusagen eine „One Woman Show“, abgesehen von einer Aushilfe, die zuletzt für sie arbeitete und dies auch in Zukunft wieder soll. „Aber wer mehr Angestellte hat, der kommt mit den Soforthilfen nicht weit.“Unterm Strich seien daher bundesweit Tausende Jobs in Gefahr.
Auch wenn es schon wieder Anfragen für Reisen ins Ausland gibt – Ruth Grolms hat zum Beispiel gerade erst Buchungsanfragen für Gran-Canaria-Reisen im Juli bearbeitet – ist das vorerst nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn erstens ist unklar, ob diese Reisen überhaupt stattfinden können oder eine zweite Corona-Welle für die nächsten Storno-Arbeiten sorgt, und zweitens fallen die großen Fernreise-Buchungen bislang weg. Dass das Inlandsgeschäft anzieht, helfe wenig. Denn da buchen viele Kunden häufig direkt vor Ort oder über Onlineportale. „Und wenn es doch mal über das Reisebüro geht, fällt für uns selten eine Provision ab, weil entsprechende Vereinbarungen fehlen.“Ruth Grolms hofft, dass das Reisegeschäft im Herbst wieder anzieht. Sie sieht sich gut gerüstet, die Krise zu überstehen – auch wenn es wirtschaftlich weh tut. Aber sie weiß auch von Kollegen, die ums wirtschaftliche Überleben kämpfen.
Auch deshalb haben Inhaber von Reisebüros und mittelständische Reiseveranstalter am Mittwoch wieder in zahlreichen deutschen Städten für mehr staatliche Hilfe in der Corona-Krise demonstriert. Aufgerufen dazu hatte die Allianz selbstständiger Reiseunternehmen. Mit anderenVerbänden fordert sie einen Sonderfonds des Bundes, um die Rückzahlungen für stornierte Reisen abzuwickeln. Damit sollen die Arbeitsplätze in den Reisebüros und bei den Veranstaltern gesichert werden. Denn nach der Corona-Pandemie möchten die Menschen sicher wieder verstärkt in ferne Länder reisen. Die Frage ist, wie viele Reisebüros ihnen dann noch mit Service und Beratung zurVerfügung stehen.