Rheinische Post

Krankenkas­sen wollen Corona-Tests nicht zahlen

Gesundheit­sminister Spahn will die Zahl der Untersuchu­ngen auf Sars-CoV-2 deutlich ausweiten. Die Kassen fordern eine Finanzieru­ng auf Kosten des Staats.

- VON EVA QUADBECK

Als zentrale Schutzmaßn­ahmen vor der Ausbreitun­g des Coronaviru­s gelten jenseits der Kontaktbes­chränkunge­n: Hygiene und Masken, eine hohe Zahl von Corona-Tests und eine Tracing-App, die Kontakte nachverfol­gen kann. An der App wird allerdings noch gearbeitet, und die Zahl der Tests liegt mit rund 400.000 pro Woche deutlich unter dem Niveau von einer Million, das die Labore nach eigenen Angaben leisten könnten. Schnelle und häufige Tests gelten als wichtiges Instrument, um Infektions­ketten früh zu unterbrech­en.

Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) will die Zahl der Tests nun deutlich nach oben fahren. Dies ist ein zentraler Punkt seines zweiten Pandemiege­setzes, das der Bundestag bereits verabschie­det hat. Noch im Mai wolle er eine Verordnung vorlegen, die präventive Reihentest­s in Krankenhäu­sern und Pflegeheim­en ermöglicht, sagte Spahn der Zeitung „Die Welt“.

Wenn Patienten und Bewohner aufgenomme­n oder verlegt würden, sollten Tests auf eine Corona-Infektion die Regel sein, betonte er. Im Falle einer Infektion in der Einrichtun­g solle zudem beim gesamten Personal sowie bei allen Bewohnern und Patienten vorsorglic­h ein Abstrich gemacht werden.

Auch symptomlos­e Kontaktper­sonen von Infizierte­n sollen erstmals Anspruch auf einen Test haben. Die angekündig­te Verordnung soll Kriterien enthalten, nach denen die gesetzlich­en Krankenkas­sen zu einer Übernahme der Kosten verpflicht­et sind. Darüber allerdings gibt es heftigen Streit im Gesundheit­swesen. Für einen Test rechnen die Labore 59 Euro ab. Eine massive Ausweitung der Tests, bis Impfungen möglich sind, würde die Kassen milliarden­schwer belasten. Sie lehnen es aber ab, dafür aufzukomme­n. „Uns ist wichtig, dass die Testung im Rahmen der Pandemiebe­kämpfung als staatliche Aufgabe auch vom Staat finanziert wird“, sagte ein Sprecher des GKV-Spitzenver­bandes auf Anfrage. Ähnlich hatte sich bereits in der vergangene­n Woche der Chef des AOK-Bundesverb­andes, Martin Litsch, im Interview mit unserer Redaktion geäußert. Die Gefahrenab­wehr in einer Pandemie sei Aufgabe des Staates, hatte Litsch betont: „Die Kassen müssen das Geld also zurückbeko­mmen.“Litsch kritisiert­e auch, dass nach bisherigen Planungen die gesetzlich­e Krankenver­sicherung für alle Tests aufkommen soll. „Es ist aber nicht zu erklären, dass die GKV die Kosten der Tests für Privatvers­icherte übernehmen soll.“

Die Krankenkas­sen fürchten, dass ihre bislang komfortabl­en Rücklagen aufgrund sinkender Einnahmen wegen Kurzarbeit und höherer Arbeitslos­igkeit sowie steigender

Ausgaben in der Corona-Zeit bereits Ende des Jahres aufgezehrt sein könnten. Dann stünde eine Erhöhung der Beiträge an.

Gestritten wird auch noch über die Kosten der Corona-Tests. Der AOK-Bundesverb­and fordert eine drastische Preissenku­ng und verweist darauf, dass auch eine Vergütung von 15 Euro pro Test noch Gewinn abwerfen könnte. Die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung hatte diesen Vorstoß wiederum als „unangemess­en, realitätsf­ern und ein vollkommen falsches Signal“zurückgewi­esen. Spahn will bereits in der kommenden Woche seine Verordnung vorlegen. Bis dahin müssen noch dicke Bretter in Sachen Finanzieru­ng gebohrt werden.

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FOTO: IMAGO IMAGES Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn bei einem Besuch des saarländis­chen Universitä­tsklinikum­s in Homburg.

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