Rheinische Post

Kunst hinter Glas

„Vorsicht Glas! Hinterglas­malerei von August Macke bis heute“heißt die neue Ausstellun­g im Clemens-Sels-Museum. Eröffnung ist heute, wegen des Coronaviru­s wurde sie zudem bis Ende August verlängert.

- VON HELGA BITTNER

„Ich möchte die Besonderhe­it von Hinterglas­malerei hervorhebe­n“

Bettina Zeman

Kuratorin

NEUSS

Ein bisschen was von den Eröffnungs­zeremonien will das Clemens-Sels-Museum auch in Corona-Zeiten nicht missen. So gibt es die Vorstellun­g der neuen Ausstellun­g und ebenso die Eröffnung mit einem minimalen Programm.„Vorsicht Glas! Hinterglas­malerei von August Macke bis heute“ist von Bettina Zeman kuratiert worden, und natürlich möchte sie vorführen, was sie geleistet hat. Also wird sie für rund 20, auf Abstand gesetzte Besucher im Gartensaal „vortragsäh­nlich“, wie ihre Chefin Uta Husmeier-Schirlitz sagt, in die Ausstellun­g einführen und das Ganze mit Gesprächen mit jenen zeitgenöss­ischen Künstlern ergänzen, die die Schau mitgestalt­et haben.

Michael Jäger ist einer von ihnen (und um 14.30 Uhr dran). Er hat im Foyer gleich eine ganze Wand gestaltet, in Verbindung zu seiner Arbeit „Lester 4“und damit einen alten Wunsch der Kuratorin erfüllt, die schon lange von einer „großflächi­gen Wandmalere­i“eines zeitgenöss­ischen Künstlers geträumt hat. Die optischenV­erschiebun­gen, die Jäger mit seiner geometrisc­hen Wandgestal­tung in Organe, Schwarz, Weiß und Grün erreicht, sind in ihrer Klarheit auf den ersten Blick kaum mit seiner fast wilden Hinterglas­malerei vereinbar. Auf den zweiten Blick hingegen eröffnen sich spannende (Farb-)Beziehunge­n.

Beziehunge­n nämlich sind es, die die Künstler selbst – außer Jäger sind das noch Gaby Terhuven und Camill Leberer sowie Kuratorin Zeman für den 2004 gestorbene Werner Schriefers – in den Sammlungsb­eständen entdeckt haben. „Mir geht es um den Dialog“, sagt Bettina Zeman, „der darf auch mal irritieren, aber vor allem sollen sich die Werke gegenseiti­g befruchten.“

Und so hat Camill Leberer nach der Entdeckung der alten Ausstellun­gsvitrinen im Depot des Clemens-Sels-Museum eine Installati­on im Raum mit den Werken aus früheren Jahrhunder­ten aufgebaut, die verblüfft.

Der „Raum in uns“steht etwa auf einem Blatt, das am Boden einer Vitrine liegt, und immer neue Einblicke, je nachdem von welcher Seite sich der

Betrachter der Installati­on nähert, offenbaren Farbigkeit, Glitzer oder glänzendes Metall. Eine moderne Installati­on, die den Durchblick zu Skulptur und/oder Malerei aus dem 18. Jahrhunder­t möglich macht.

Klassiker und Moderne der Hinterglas­malerei treffen in dieser Ausstellun­g aufeinande­r. Da korrespond­iert Heinrich Campendonk­s „Selbstbild­nis in Oberbayern“von 1917 mit einer farblich fast explodiere­nden Arbeit von Michael Jäger, harmoniert die abstrakte Arbeit „Zentrum“von Werner Schriefers mit August Mackes „Promenade in Braun und Grün“von 1949.

Ganz bewusst hat Zeman alt und neu zusammenge­stellt, den Zeitgenoss­en viel freie Hand gelassen. Die Besonderhe­it der Hinterglas­malerei will sie hervorhebe­n, wobei sie von der hauseigene­n Sammlung ausgegange­n ist und mit viel Stolz auf die Leihgaben verweist, die etwa von der Kunstsamml­ung NRW, dem August-Macke-Haus in Bonn oder die Franz-Marc-Museum kommen.„Es war nicht einfach“, bestätigt auch Husmeier-Schirlitz, die sich jedoch umso mehr darüber freut, dass alle Leihgeber einer Verlängeru­ng bis 30. August zugestimmt haben. Die Ausstellun­g ist so auch ein Raritätens­chau geworden, zeigt sie doch Arbeiten von Gabriele Münter, Paul Klee oder Paul Adolf Seehaus.

Dass der Katalog zu der Ausstellun­g noch in Arbeit ist, hat wohl nicht mal direkt mit Corona zu tun: Die Ausstellun­g musste erst fertig

sein, damit sie für den Katalog fotografie­rt werden konnte, sagt Zeman. Und so soll der Katalog im Juli inVerbindu­ng mit einer Lesung vorgestell­t werden.

Den Titel „Vorsicht Glas!“hat Bettina Zeman übrigens von den üblichen Banderolen „geklaut“, die gemeinhin jene Lieferunge­n zieren, die halt Glas enthalten. „Ich finde, das passt richtig gut“, sagt sie lachend.

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Zwölf Bilder von Werner Schriefers sind zu einem Tableau zusammenge­fasst.
FOTOS (3): HBM „Vorsicht Glas! Hinterglas­malerei von August Macke bis heute“mit einer Installati­on von Camill Leberer. Zwölf Bilder von Werner Schriefers sind zu einem Tableau zusammenge­fasst.
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FOTO: VG BILD-KUNST, BONN 2020 Gabriele Münters „Motiv aus Herford“.
 ??  ?? Kurtaorin Bettina Zeman vor Gaby Terhuvens „G1/17“von 2017.
Kurtaorin Bettina Zeman vor Gaby Terhuvens „G1/17“von 2017.

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