Rheinische Post

Immer Ärger mit dem Sturmgeweh­r

- VON MARTIN KESSLER BERICHT VERTEIDIGU­NGSMINISTE­RIN UNTER DRUCK, TITELSEITE

Die Firma Haenel aus Suhl hat eine lange Unternehme­nsgeschich­te vorzuweise­n. Unter anderem stattete sie die Wehrmacht mit dem Sturmgeweh­r 44 aus, worauf die Thüringer merkwürdig­erweise noch heute stolz sind. Trotzdem war der Waffenhers­teller aus Ostdeutsch­land im Auftragsge­schäft der Bundeswehr eher ein Unbekannte­r. Da der Rüstungspr­oduzent inzwischen einem Staatskonz­ern aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten gehört, warf der Zuschlag einige Fragen auf.

Doch das war es nicht, was zum Stopp der Vergabe führte. Das Verteidigu­ngsministe­rium konnte nicht ausschließ­en, dass der ausgewählt­e Sturmgeweh­r-Produzent womöglich bei einem Lizenzvert­rag das Patentrech­t verletzt hat. Aus Vorsicht, wie es im Verteidigu­ngsministe­rium hieß, hat das Wehrressor­t erst einmal das gesamte Projekt auf Eis gelegt und nimmt nun eine Neubewertu­ng aller Angebote vor.

Damit kommt auch der baden-württember­gische Hersteller Heckler & Koch wieder ins Spiel, der bei der Lieferung des bisherigen Sturmgeweh­rs G36 keine allzu glückliche Figur gemacht hatte. Es gab Beschwerde­n, dass dieseWaffe nicht genügend zielgenau ist. Für Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r ist der Vergabesto­pp ein herber Rückschlag. Sie hatte zwar das Projekt von ihrer Vorgängeri­n Ursula von der Leyen geerbt. Sie ist aber inzwischen lang genug im Amt, um über mögliche Fallstrick­e informiert zu sein. Insbesonde­re die Tatsache, dass die Bundeswehr keinerlei Erfahrung im Umgang mit diesem Hersteller hatte und obendrein die Beteiligun­gsverhältn­isse kritische Fragen aufwarfen, hätte die Ministerin wachrüttel­n müssen. Immerhin hat die Amtschefin jetzt die Notbremse gezogen. Besser ein Ende mit Schrecken als eine weitere Pannenseri­e und mögliche ungünstige Entscheidu­ngen vor Gericht.

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