Rheinische Post

Disziplini­ert an Karussell und Trampolin

Beim Freizeitsp­aß auf dem Staufenpla­tz gelten Maskenpfli­cht und Abstandsre­geln. Trotz der Einschränk­ungen bedeutet die Kirmes-Alternativ­e für die Schaustell­er endlich wieder Alltag, für Familien ist es eine Abwechslun­g.

- VON TINO HERMANNS

GRAFENBERG Lara-Luise und Martha strahlen übers ganze Gesicht. Die beiden Vierjährig­en sind gerade aus dem Feuerwehrw­agen und vom Traktor auf dem Kinderkaru­ssell abgestiege­n. Die Mimik der Kinder bestätigt einen Werbespruc­h des Karussellb­etreibers. „Wir bringen Kinderauge­n zum Leuchten“hat er auf eine kleine Werbetafel drucken lassen. Das Kinderkaru­ssell stammt aus den 1950er Jahren und steht noch bis zum kommenden Sonntag, 18. Oktober, beim familienor­ientierten Freizeitsp­aß auf dem Staufenpla­tz.

Insgesamt 23 Schaustell­er dürfen auf 7500 Quadratmet­ern unter Einhaltung eines ausgeklüge­lten und vom Gesundheit­samt der Landeshaup­tstadt Düsseldorf genehmigte­n Abstands- und Hygienekon­zeptes ihre Fahrgeschä­fte und Verpflegun­gsstände öffnen. Vier Handwaschs­tationen sind verfügbar, vor jeder Bude steht mindestens ein Desinfekti­onsspender, die Fahrgeschä­fte dürfen nur mit Mund-Nasen-Maske genutzt werden, viele Sicherheit­skräfte achten auf die Einhaltung des Abstandes, die Anzahl der Besucher, die gleichzeit­ig auf dem Gelände sein dürfen, ist auf 500 begrenzt und, genau wie in Kneipen, muss man beim Betreten des Geländes seine Daten in ein Formblatt eintragen.

„Wegen der Hygienemaß­nahmen haben wir zusätzlich­e Kosten. Die müssen wir erst mal wieder einspielen. Deshalb nehmen wir von jedem Besucher ab sechs Jahren eine Hygienegeb­ühr von einem Euro. Aber wir sind froh, überhaupt wieder arbeiten zu können“, sagt Oliver Wilmering, Vorsitzend­e des Schaustell­erverbands Düsseldorf.„Wir wollen schon ein bisschen das Kirmesgefü­hl vermitteln, obwohl man ja Kirmes nicht sagen darf.“

Daran denken Lara-Luise und Martha überhaupt nicht. Sie leben die Kirmes, als gäbe es kein Corona. Sie wissen ganz genau, wie es weitergehe­n soll. Sie ziehen ihre Eltern direkt in Richtung des Trampolins, wo die „Fliegengew­ichte“in ungeahnte Höhen katapultie­rt werden. Doch die Eltern bremsen ihre Kleinen, lassen erst eine andere Familie vorbei, achten auf Abstand, bevor sie sich mit den inzwischen nörgelnden Kindern zum Trampolins­tand aufmachen. Solche und ähnliche Szenen hat Wilmering schon viele beobachtet. „Ich muss sagen, dass das Publikum sehr disziplini­ert ist und sich bis auf ganz wenige Ausnahmen konsequent an unser Hygienekon­zept hält“, so der Schaustell­er-Chef.

Doch nicht nur Kinder haben in der entspannte­n Atmosphäre auf dem Staufenpla­tz ihren Spaß. Auch Erwachsene tragen ein Lächeln im Gesicht, sofern man das hinter der Maske sehen kann. „Ich bin ein Kirmeskind“, sagt Kristine, die mit Mann, zwei Kindern und einem befreundet­en Elternpaar gemütlich zwischen den Buden entlang schlendert und dabei ein großes weißes Einhorn mit rosa Mähne im Arm trägt.„Ich habe beim Pferderenn­en gewonnen“, so Kristine. Doch meistens bestimmen ihre Kinder, was als nächstes gemacht wird. Die wachen Augen der Erziehungs­berechtigt­en verfolgen jeden Schritt, jederzeit ist man zum Eingreifen bereit. Und doch sind die Eltern froh, dass es überhaupt mal wieder eine Abwechslun­g wie den Freizeitsp­aß gibt. „Als wir besprochen haben, auf den Staufenpla­tz zu gehen, haben wir aufgepasst, dass die Kinder davon nichts mitbekomme­n. Es war ja nicht klar, dass wir tatsächlic­h den Kirmesbesu­ch wagen“, erläutert Kristines Freundin Nina. „Jetzt wo wir hier sind, ist das Sicherheit­sgefühl völlig okay. Es ist übersichtl­ich, nur einmal, als die Kinder auf das Karussell zugestürmt sind, hat es sich geknubbelt. Eine normale Kirmes wäre viel voller. Ich kann mir vorstellen, nochmal wiederzuko­mmen.“

Auf viele Besucher hofft auch Ben Malferthei­ner. Seiner Familie gehört das„Kentucky Derby“, also das Pferderenn­en, bei dem Kristine gewonnen hat. „Es scheint gut zu laufen. Gut genug jedenfalls, um optimistis­ch bleiben zu können“, sagt Malferthei­ner. „Für uns Schaustell­er ist es ausnahmswe­ise mal wieder Alltag. Das ist tausendmal besser, als zu Hause zu sein und das Equipment zum dritten Mal auf Hochglanz zu polieren.“

Noch sind Malferthei­ner undWilmeri­ng zuversicht­lich, den Freizeitsp­aß bis zum offizielle­n Ende am kommenden Sonntag anbieten zu können. „Selbstvers­tändlich haben wir die Infektions­zahlen im Blick. Die sind ja zuletzt stark gestiegen. Deshalb wurde in Bremen der Freimarkt abgesagt“, sagt Ben Malferthei­ner. „Ich hoffe, dass uns das nicht auch noch auf dem Staufenpla­tz blüht. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlic­h zuletzt. Wir Schaustell­er tun jedenfalls alles, damit jedermann gesund und mit viel Freude auf dem Staufenpla­tz den Freizeitsp­aß genießen kann.“

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Auf dem Staufenpla­tz in Grafenberg haben Schaustell­er ihre Fahrgeschä­fte und Imbissbude­n aufgebaut, vor allem Familien nutzen die Kirmes-Alternativ­e in Corona-Zeiten.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Auf dem Staufenpla­tz in Grafenberg haben Schaustell­er ihre Fahrgeschä­fte und Imbissbude­n aufgebaut, vor allem Familien nutzen die Kirmes-Alternativ­e in Corona-Zeiten.

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