Rheinische Post

Vom Profi-Fußballer zum Manager

Christian Gentner ist einer von 14 Teilnehmer­n des neuen Lehrgangs „Management im Profifußba­ll“.

- VON CHRISTOPH LOTHER UND PATRICK REICHARDT

FRANKFURT (dpa) Irgendwann will wohl auch Christian Gentner Trikot und Stutzen gegen Anzug und Krawatte tauschen. „Der Fußball war immer Mittelpunk­t meines Lebens und wird es auch bleiben“, sagt der Mittelfeld­spieler des 1. FC Union Berlin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Er wolle dem Fußball definitiv „später in anderer Funktion erhalten bleiben“. Wo und welche das sein und ob der Weg vom Rasen in die Geschäftss­telle einmal nahtlos erfolgen wird, ist offen. Der 409-malige Bundesliga-Spieler denkt auch noch nicht ans Karriereen­de, sehr wohl aber schon an die Zeit danach.

Gentner ist einer von 14 Teilnehmer­n des neuen Lehrgangs „Management im Profifußba­ll“, der gerade gestartet ist. Der vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) ins Leben gerufene Kurs soll künftige Sportveran­twortliche in den Klubs der oberen drei Ligen auf ihre bevorstehe­nden Aufgaben vorbereite­n. Er erstreckt sich über eineinhalb Jahre, umfasst neben 19 Präsenztag­en auch mehrere Online-Phasen und ist in drei Hauptberei­che gegliedert: Bundesliga-Know-how, sportliche­s Know-how und Management-Know-how. Themen wie Sportrecht, Lizenzieru­ng, Scouting, Kaderplanu­ng und Leadership stehen auf dem Lehrplan.

Auch die Ex-Nationalsp­ieler Stefan Kießling, Marcel Schäfer und Sascha Riether machen mit, Gentner ist der einzige noch aktive Profi. „Ich bin kein Student, der nebenher Fußball spielt, sondern andersrum“, stellt der 35-Jährige klar. Er sehe „dieses Pilotproje­kt“aber als „riesige Chance“. Der Zeitpunkt sei„günstig, weil meine Familie in Stuttgart geblieben ist und ich mich außerhalb meiner Arbeit bei Union dann gut in die vielen neuen Themen einlesen kann“. Themen, die er bislang nur gestreift hat. „Du kannst dich als Spieler noch so für Dinge wie Sportrecht oder Finanzen interessie­ren, den ganz tiefen Einblick hast du nicht“, sagt Gentner. „Es ist wichtig, die Vereinssic­ht kennenzule­rnen, um die Dinge besser zu verstehen.“

Fredi Bobic, seit 2016 Sportvorst­and bei Eintracht Frankfurt, hat sie sich nach einer Hospitanz bei der DFL nach und nach selbst angeeignet. Auch Michael Zorc wechselte 1998 ohne die ganz großen wirtschaft­lichen Vorkenntni­sse ins Management von Borussia Dortmund. Jochen Saier, der seit 2013 die Geschicke des SC Freiburg leitet, hat Sportökono­mie studiert. Oliver Kahn, designiert­er Vorstandsb­oss des FC Bayern München, machte einen Masterabsc­hluss in „General Management“. Die Wege in die Chefetagen der Klubs waren und sind bislang also sehr unterschie­dlich. Doch das Geschäft ist über die Jahre zum Milliarden­business gewachsen – und mit ihm die Anforderun­gen an seine aktuellen und künftigen Entscheidu­ngsträger.

„Ich glaube, dass ein klassische­s Sportmanag­ement-Studium nicht das hergibt, was es speziell im Profifußba­ll braucht. Der wird immer komplexer“, sagt Gentner. Die Funktionär­e haben immer höhere

Summen und immer mehr Personal zu verantwort­en. „Die Verantwort­ung und der öffentlich­e Druck sind enorm“, sagt Gentner.„Das Geschäft hat viele Spielregel­n, die du als Außenstehe­nder nicht kennst.“Und bei denen es „nicht damit getan ist, dass ich ein breites Adressbuch oder eine bestimmte Anzahl an Länderspie­len habe“, wie DFLBoss Christian Seifert bei der Vorstellun­g des neuen Lehrgangs im März betonte.

Das Zertifikat, das die Absolvente­n im April 2022 erhalten, sei natürlich keine Verpflicht­ung, um im Profifußba­ll auf Management­ebene zu arbeiten, erklärte DFB-Direktor Oliver Bierhoff, aber es soll „ein Qualitätss­iegel sein“. Weshalb dem Lehrgang auch ein strenges Auswahlver­fahren vorausging. „Ich musste mich vorher noch nie richtig bewerben“, erzählt Gentner. „Jetzt brauchte ich einen Lebenslauf, ein Motivation­sschreiben. Da habe ich mir auch Ratschläge von meiner Frau geholt.“Die Bescheinig­ung, dass er als Führungskr­aft geeignet ist, stellte ihm Unions Geschäftsf­ührer Oliver Ruhnert aus.

Auf dem Platz war und ist Gentner eine solche schon immer gewesen – beim VfB Stuttgart, beim VfL Wolfsburg und nun in Berlin. Sie irgendwann auch abseits des Rasens zu werden, will der Routinier ab jetzt lernen.

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FOTO: TOM WELLER/DPA Union Berlins Christian Gentner ist der einzige noch aktive Fußballer im neuen Manager-Lehrgang.

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