Rheinische Post

Wegen Käsebrötch­en gekündigt

-

DÜSSELDORF (wuk) Ein Käsebrötch­en zum Frühstück hat eine 38-jährige Stationshi­lfe in einem Seniorenhe­im letztlich den Job gekostet. Nach fast 17 Jahren bei einem Wohlfahrts­verband erhielt die Frau im Sommer die fristlose Kündigung, weil sie aus dem Bestand des Heimes ein Käsebrötch­en gegessen hat.

Dafür löste sie zwar hinterher eine Essensmark­e, wie dieVorschr­iften ihres Arbeitgebe­rs das fordern. Doch in einem Gespräch schilderte sie, sie habe solche Brötchen öfter aus dem Heim-Bestand genommen, habe dafür aber stets Essensmark­en erworben. Vor dem Arbeitsger­icht ging ihr Anwalt gegen den Rausschmis­s vor. Der Wohlfahrts­verband wollte die Mitarbeite­rin per Verdachts-Kündigung sofort loswerden. Denn Nachfragen bei ihren Kolleginne­n im Seniorenhe­im hätten ergeben, dass angeblich niemand sich daran erinnern konnte, dass die 38-Jährige jemals Essensmark­en gekauft habe. Rückschlus­s des Arbeitgebe­rs: Die 38-Jährige müsse Brötchen mehrfach ohne Bezahlung verspeist haben. Nach früheren Abmahnunge­n zog die Wohlfahrts­leitung einen Schlussstr­ich, setzte die Frau sofort vor die Tür. Ihr Anwalt Helmuth Mix betonte: „Sie hat Brötchen weder unterschla­gen noch gestohlen!“Auch Angaben der Kolleginne­n zumVerkauf der Essensmark­en „rechtferti­gen einen dringenden Tatverdach­t gegen die Klägerin nicht mal ansatzweis­e“, jeder Vorwurf von einem Brötchen-Klau sei „völlig aus der Luft gegriffen“, so Mix weiter. Doch gegen eine Abfindung von 30.000 Euro und eine Kündigung zum Ende März 2021 samt Zeugnis sei die Klägerin bereit, ihren Arbeitspla­tz aufzugeben – und sich anderswo einen neuen Job zu suchen. Dieser Lösung haben zweiVertre­ter desWohlfah­rtsverband­s zugestimmt und haben bestätigt, dass die 38-Jährige bis zur Auflösung des Arbeitsver­hältnisses Ende März bei voller Bezahlung von jeglicher Arbeit freigestel­lt wird.

Der vierte Warnstreik in drei Wochen legt am Montag die Rheinbahn lahm, ein weiterer folgt gleich am Dienstag. Wie bewerten Sie das?

KLAUSKLAR Warnstreik­s sind selbstvers­tändlich ein geeignetes, demokratis­ches Instrument, beim ersten war ich ja auch persönlich vor Ort. Aber jetzt ist eine Grenze überschrit­ten. Wir hören ja sogar von noch weiteren geplanten Ausständen. Das steht in keinem Verhältnis mehr. Für Streiks in Serie habe ich kein Verständni­s. Erstens, weil die Menschen insbesonde­re in Zeiten von Corona in der Stadt mobil sein müssen. Wir haben im Hinblick auf den Infektions­schutz sehr viel dafür getan und investiert, unser Angebot aufrecht zu erhalten. Zweitens verhandeln wir ja, es gibt keinen Stillstand. Ich habe die letzten Runden als sehr konstrukti­v erlebt.

Die kommunalen Arbeitgebe­r haben sich der mit einer Einmalzahl­ung verbundene­n Verschiebu­ng der Verhandlun­gen aufgrund von Corona aufs nächste Jahr verweigert. War das nicht ein Fehler? Die Streiks hätten verhindert werden können.

KLAR Ich war bei diesen Verhandlun­gen nicht dabei und kann deshalb dazu nichts sagen.

Wie bewerten Sie die aktuellen Forderunge­n von Verdi etwa nach 4,8 Prozent mehr Lohn und Abschaffun­g der unteren Entgeltgru­ppe?

KLAR Alle Forderunge­n zusammenge­nommen sind schlichtwe­g nicht realisierb­ar. Sie würden die Kosten für unseren Personalau­fwand um 17 Prozent steigern. Das wären 28 Millionen Euro mehr im Jahr. Andere Unternehme­n wissen gerade nicht, wie es weiter gehen soll und müssen Mitarbeite­r entlassen. Das merken wir auch an Bewerbunge­n bei uns von Betroffene­n. Auch wir müssen hier wirtschaft­lich denken.

Wenn ein Busfahrer anfangs 1400 Euro netto verdient, ist das aber kein Ausweis für einen attraktive­n Beruf, der es doch sein sollte, wenn die Rheinbahn die Verkehrswe­nde in der Stadt tragen soll. Eine Anerkennun­g für die wichtige Arbeit in der Pandemie ist das auch nicht.

KLAR Das ist richtig. Ich bin deshalb dafür, vor allem für die unteren Entgeltgru­ppen etwas zu tun. Die Mittel sind vom Aufsichtsr­at bewilligt.

Was haben Sie genau vor?

KLAR Das möchte ich mit Blick auf die laufenden Verhandlun­gen noch nicht öffentlich sagen.

Ein Busfahrer schilderte neulich in einem Interview mit unserer Redaktion, dass er an der Endstation oft nicht die Zeit habe, zur Toilette zu gehen. Warum passen Sie die Fahrpläne nicht an?

KLAR Solche Situatione­n wird es immer mal geben, wenn etwa durch Baustellen Verspätung­en entstehen. Aber grundsätzl­ich haben wir auch in diesem Jahr 250 neue Fahrer eingestell­t, um die Situation zu verbessern. Seit ich 2010 Arbeitsdir­ektor wurde, stieg die Zahl der Fahrer von 1180 auf rund 1700. Außerdem bieten wir schon jetzt übertarifl­iche Leistungen. Wer zum Beispiel in Dienstklei­dung zur Arbeit fahren muss, um etwa in der Innenstadt einen Bus zu übernehmen, kann sich eine Zeitgutsch­rift anrechnen lassen. Auch die verpflicht­enden Fort

Welche Folgen haben die Streiks als weiterer Lockdown für das Unternehme­n? Wird das Vertrauen in die Rheinbahn nach dem Coronascho­ck weiter erschütter­t?

KLAR Die Gefahr besteht. Als systemrele­vantes Unternehme­n tun wir seit Monaten sehr viel dafür, Vertrauen zurückzuge­winnen. Das Verständni­s der Menschen für den Streik wird sicher abnehmen. Sie wollen, dass sich die Tarifparte­ien einigen, und da nehmen Sie uns mit in dieVerantw­ortung. Insgesamt haben wir aber sehr treue Kunden. Die Zahl der Abos ist in der Pande

Sie haben das Jahr mit einem Defizit von fast 90 Millionen Euro geplant. Wie wollen Sie da überhaupt noch mit auskommen?

KLAR Das wird nur mit Hilfe des Rettungssc­hirms von Bund und Land gelingen. Davon gehen wir aber aus. Nur im nächsten Jahr kann das schon ganz anders aussehen. Deswegen ist in denVerhand­lungen Augenmaß von allen Seiten gefragt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany